Ausgabe 02.09.2020
Corona-Tests an der Autobahn
Teststation an der A8 arbeitet seit Freitag
An der Autobahn A8 zwischen Ulm-West und Merklingen ist seit Freitag auf der Parkplatz „Kemmental“ eine Corona-Teststation in Betrieb. In Fahrtrichtung Stuttgart können Reiserückkehrer dort einem Corona-Test machen lassen. Region – Nach der Teststation an der A5 bei Freiburg, ist die Station am Kemmental-Parkplatz die zweite Corona-Teststation an einer Autobahn in Baden-Württemberg. Bürocontainer und Aufenthaltsräume für die Helfer wurden aufgebaut und eine WLAN-Verbindung aufgebaut, um die Daten der Untersuchten schnell erfassen und übermitteln zu können. Das Deutsche Rote Kreuz hat sich als Generalunternehmer zur Verfügung gestellt, Soldaten der Bundeswehr und Helfer aus allen Hilfsorganisationen sind vor Ort, um jeden Tag von 6.30 Uhr bis 22 Uhr Abstriche zu nehmen und zu verwalten. Wer von einer Reise in ein Risikogebiet heimkommt, kann an der Teststation, bis zu 72 Stunden nach Heimkehr, einen kostenlosen Coronatest machen lassen. Dazu muss er den Personalausweis und die Gesundheitskarte mitbringen. Bis zu einem negativen Ergebnis, sind Rückkehrer zur häuslichen Quarantäne verpflichtet, die längstens 14 Tage dauert. In dieser Zeit darf man das Haus nicht verlassen, nicht zum Einkaufen und nicht für Freizeitaktivitäten. Und man darf keinen Besuch empfangen. Die genauen Regeln und Infos zur Meldepflicht sind auf der Internetseite des Landratsamts unter www.alb-donau-kreis.de zu finden.
Manuel Hagel: „Das Virus ist nicht einfach weg
In den vergangenen Monaten haben Bund und Länder Corona-Hilfen auf den Weg gebracht, um Kommunen und Unternehmen zu unterstützen. Gleichzeitig wurde mit dem Lockdown tief in das Leben der Menschen eingegriffen. Der Südfinder hat den landtagsabgeordneten und CDU-Generalsekretär Manuel Hagel nach der Stimmung in den Unternehmen, nach seiner Meinung zu staatlichen Hilfen und seinem Blick in die Zukunft gefragt.
Von Karl-Heinz Burghart
Herr Hagel, wie sehen Sie einen erneuten Lockdown? Würde er die Menschen schützen oder die Wirtschaft nur unnötig gefährden?
Wir müssen einen erneuten Lockdown mit aller Kraft verhindern. Aus dem ersten Lockdown sind wir, im Vergleich zu anderen Ländern, glimpflich herausgekommen, auch dank der verschiedenen Hilfsprogramme und Unterstützungsmaßnahmen. Es geht hierbei um zwei wichtige Aspekte: Erstens wäre es für unsere Unternehmen, insbesondere die vielen mittelständischen Firmen, verheerend, wenn ein zweiter Lockdown notwendig würde. Der zweite Aspekt ist sozialer Natur. Für viele Kinder war die Zeit sehr hart. Ohne Kindergarten und ohne Schule. Insbesondere für Kinder aus sozial schwächeren Familien entstehen da zusätzliche Herausforderungen. Trotzdem müssen wir uns immer wieder vor Augen halten, dass das Corona-Virus nicht einfach weg ist, sondern besonders für ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen eine lebensbedrohliche Erkrankung ist, für die es nach wie vor keinen Impfstoff gibt.
Besteht da ein Widerspruch zwischen Gesundheitsschutz und Schutz der Wirtschaft bzw Sicherung des Wohlstands?
Nein, das denke ich nicht. Man darf diese beiden Aspekte nicht gegeneinander aufwiegen. Die Argumentationsstruktur des Gegeneinander-Abwiegens empfinde ich als populistisch. Aber solche Denkmuster sind nicht in der Lage die Komplexität der Lage zu erfassen. Eine Gesellschaft, in der wir als Hemmnis für wirtschaftliche Stärke sehen, ist keine erstrebenswerte Gesellschaft. Mit einem christdemokratischen Menschenbild lässt sich dies nicht vereinbaren. Wir müssen vielmehr beständig die Maßnahmen, die wir als Politiker beschließen, abwägen und immer wieder neu bewerten. Dabei ist Vernunft der Maßstab, den wir an unser Handeln anlegen sollten. Es gilt, vernünftige Entscheidungen für das Gemeinwohl zu treffen. Deshalb war der Lockdown richtig: Zum Schutz der Menschen und zur Eindämmung des Corona-Virus.
Wie gefährdet ist denn unsere Wirtschaft?
Die aktuelle Situation ist eine riesige Herausforderung. Unsere Bundeskanzlerin sagte, es sei die größte Herausforderung seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Ich teile die Einschätzung. Um die Auswirkungen für unsere Unternehmen abzumildern haben wir ja auch extrem schnell reagiert und das Soforthilfe-Paket mit einem Volumen von 5 Milliarden Euro verabschiedet. Passgenaue Hilfspakete bspw für die Gastronomie, für Reisebusunternehmen, die Schaustellerbetriebe und weitere Branchen folgten.
Zugleich hat die Corona-Pandemie im Bereich der Digitalisierung als enormer Verstärker gewirkt und Entwicklungen wie das Arbeiten im Homeoffice beschleunigt. Corona ist damit für mich nicht nur eine Gefahr, sondern in diesem Bereich auch eine Chance für unsere innovative Wirtschaft, sich mit neuem Mut, mit Zuversicht und Ideen fit zu machen für die Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts.
Wie schätzen Sie die Situation der Unternehmen in der Region ein? Ist die Verunsicherung immer noch groß oder gibt’s inzwischen Zeichen von Optimismus?
Auch das lässt sich nicht pauschal beantworten. Das ist ganz und gar abhängig von der Branche. Die Gastronomie, die Touristikbranche und die Veranstaltungsbranche sind jene, welche sicher am massivsten betroffen sind. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass wir bei uns im Alb-Donau-Kreis ganz ganz starke Handwerker und tolle Unternehmen haben, die sich der neuen Situation anpassen und die aktuell auch vorsichtigen Optimismus verspüren. Doch dieser Optimismus steht auf wackligen Beinen. Wir müssen alles tun um den Unternehmerinnen und Unternehmerin, aber auch deren Mitarbeitern Sicherheit und eine Zukunftsperspektive zu bieten. Ich bin sehr froh, dass bei uns in der Region niemand den Kopf hängen lässt. Stattdessen entstehen beispielsweise Ideen für neue Produkte, werden pandemiegerechte Konzepte für kleine Veranstaltungen erarbeitet oder Firmen erobern sich neue Marktsegmente.
Wie wichtig sind staatliche Hilfen in dieser Zeit für die Unternehmen?
Die Unterstützungen sind für viele Unternehmen essentiell zum Überleben. Und keine Unternehmerin und keine Unternehmer, mit dem ich gesprochen habe, ist erpicht darauf Unterstützung zu benötigen. Alle wollen wieder so schnell als möglich mit voller Kraft für ihre Unternehmen, ihre Azubis und Mitarbeiter anpacken. Dies gilt für alle Branchen. Beispielsweise die Mitarbeiter in der Gastronomie, die wollten endlich wieder „schaffen“ und sind extrem unzufrieden, dass arbeiten nicht oder nur eingeschränkt möglich ist.
Die staatlichen Hilfen sind wichtig und richtig. Die Firmen sind ohne eigenes Verschulden in teilweise existenzbedrohende Situationen gekommen. Da muss der Staat eingreifen. Ich bin froh, dass wir in Baden-Württemberg hier so zügig helfen konnten. Ich bin dabei im Übrigen der Meinung, was wir jetzt an Hilfen, Zuschüssen, Förderung oder Krediten vergeben, hilft nachhaltiger als einen immensen Anstieg an Insolvenzen und Arbeitslosen zu riskieren. Dennoch müssen wir uns jetzt auch zügig mit der Frage befassen, wie wir dies alles bezahlen und die Schulden auch wieder zurückzahlen.
Hilft die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes?
Ja, absolut. Ich bin sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich zu diesem Schritt entschieden hat. Es verschafft den Unternehmen nochmals Luft. Und es ist vor allem ein wichtiges Signal für die vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Azubis, die sich natürlich Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Wir dürfen hier niemanden im Regen stehen lassen. Wir haben immer im Blick, dass wenn wir von „Wirtschaftskraft“ und „Unternehmen“ sprechen, ganz konkret Menschen gemeint sind, die sich Gedanken um ihren Arbeitsplatz machen, die ihre Familie versorgen wollen und die Sicherheit wollen. Das sind ja keine abstrakten Parameter, das sind ganz menschliche Bedürfnisse.
Die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist hierbei ein wichtiges Instrument um Stabilität und Sicherheit zu schaffen, darum begrüße ich die Verlängerung ausdrücklich.
Gibt es in Stuttgart Anzeichen, dass durch die Pandemie künftig Förderungen des kulturellen Bereichs zurückgefahren werden?
Naja, Stuttgart ist groß (lacht). Aber im Ernst: Nein, davon ist mir nichts bekannt. Im Rückblick zeigt sich aber auch, dass dank unserer durchaus anstrengenden Sparpolitik der letzten Jahre Rücklagen gebildet werden konnten, die uns jetzt zugutekommen. Natürlich müssen wir dabei auch immer den Landeshaushalt im Blick haben. Deshalb machen wir aktuell in der Koalition einen Kassensturz, bevor wir Beschlüsse über weitere mögliche Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen treffen.
Bei der Kultur zu sparen hielte ich auch für den völlig falschen Weg. Die vielfältige Unterstützung für Vereine zeugen von einem deutlichen Bekenntnis dazu, dass wir deren Sorgen sehr ernst nehmen und die Unterstützung für dringend notwendig erachten.
Gerade der Bereich Kunst und Kultur gibt uns Menschen sehr viel mehr als nur Ablenkung und Müßiggang – es ist ein essentieller Bestandteil unseres Wertesystems. Kunst gibt Menschen Hoffnung und Literatur, Malerei und Musik sind fähig Emotionen auf eine Art auszudrücken, welche unsere Gesellschaft nachhaltig verändern kann. Bereits in der Bibel steht „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ und auch aus diesem Grunde halte ich eine Kürzung der Förderungen in diesem Bereiche für grundlegend falsch.
Was nehmen Sie persönlich aus der Corona-Krise mit in die Zukunft und in Ihre künftige politische Arbeit?
In der aktuellen Situation wurde deutlich, wie viele Gremiensitzungen digital stattfinden und wie klasse das funktioniert. Corona hat ja auch dazu geführt, dass ich sehr viel aus dem Homeoffice heraus gearbeitet habe, viele Telefonkonferenzen, viele Videoschalten, ganz viele Telefonate. Zu Beginn war die Flut an Mails riesig, nun ist es ein wenig weniger geworden. Ganz persönlich konnte ich deutlich mehr Zeit zuhause mit meiner Familie verbringen. Zudem war ich dieses Frühjahr deutlich häufiger draußen in der Natur als sonst. Das habe ich zusammen mit meiner Frau und meinem Sohn sehr genossen, weshalb ich mir vorgenommen habe, zu versuchen, solche kleinen privaten Auszeiten beizubehalten. Persönlich hat es mich sehr gefreut zu sehen, dass es in unserer Gesellschaft so viele Menschen gibt, die füreinander einstehen, sich um andere Menschen sorgen und für die das Wort „Zusammenhalt“ nicht nur eine leere Worthülse ist. Das finde ich klasse und es ist in einer Situation, die von extremer Dynamik und viel Unsicherheit geprägt ist, sehr schön dies wahrzunehmen. Diese Krise hat auch oft das Allerbeste in den Menschen hervor gebracht.
Ausgabe 26.08.2020
Können Genesene den Covid-Patienten helfen?
Projekt: „Rekonvaleszenten-Plasma“
Können von Covid-19 genesene Menschen den aktuell schwer erkrankten Corona-Patienten helfen? Diese Frage hat der Südfinder den Fachleuten des DRK-Blutspendediensts Baden-Württemberg/Hessen gestellt.
Region – Der DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen habe eine bundesweite medizinische Studie zur Behandlung von Covid-19-Patienten mit dem sogenannten „Rekonvaleszenten-Plasma”, also dem Blutplasma genesener Corona-Patienten initiiert, sagt Franziska Schneider vom Blutspendedienst. „Ziel ist, herauszufinden, ob die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung gebildeten Antikörper durch eine Plasma-Transfusion, die Infektion bei kritisch erkrankten Patienten lindern können und so die intensivmedizinische Behandlung der Patienten unterstützt werden kann“.
Um die Studie durchführen zu können, so Franziska Schneider, suche das Deutsche Rote Kreuz dringend gesunde Freiwillige, die eine Covid-19-Erkrankung dokumentiert auskuriert haben. Für Plasmaspenden gelten dieselben Voraussetzungen, wie für Blutspenden. Wer als Blutspender oder Plasmaspender in Frage kommt, lässt sich mit dem „Spendencheck“ leicht überprüfen unter www.blutspende.de/ spendecheck. „Von Covid-19 genesene Personen, die laut Spendencheck für eine Spende in Betracht kommen und Interesse an der Mitwirkung an der Studie haben, bitten wir mit dem DRK Kontakt aufzunehmen“, sagt Franziska Schneider. Das dazu nötige Kontaktformular ist zu finden unter www.blutspende.de/rkp. „In einem persönlichen Gespräch werden wir mit den Interessierten das Vorgehen bis zur Plasmaspende in einem Institut in der Nähe abstimmen“, so die Fachfrau des DRK-Blutspendediensts.
Ausgabe 05.08.2020
„Lass den Klick in Deiner Stadt“
Karl-Heinz Dicknöther lobt unbürokratische Soforthilfe
Seit Jahren steigt der verkaufsoffene Sonntag des Ehinger Gewerbevereins GHF gleichzeitig mit dem „Ehinger Special“. Weil die Herbstmesse abgesagt ist, hat der Südfinder mit Karl-Heinz Dicknöther, dem Vorsitzendes des „Gewerbe, Handel Freie Berufe“-Vereins unterhalten und ihn auch nach den Auswirkungen der Corona-Krise gefragt.
Von Karl-Heinz Burghart
„Die Herbstmesse fällt aus. Trotzdem dürften wir am Sonntag, 18. Oktober, unsere Geschäfte öffnen. Ob wir das, angesichts Corona tun, werden wir Ende August endgültig entscheiden“, sagt der GHF-Vorsitzende im Gespräch mit dem Südfinder. Die Corona-Krise habe viele Betriebe hart getroffen, sagt Karl-Heinz Dicknöther und nennt Friseure, Textilbetriebe und die Gastronomie als Beispiele. „Der Einzelhandel hat riesige Porbleme, weil die Kunden deutlich verhaltener einkaufen als vor der Krise. Der Lockdown war ein schrecklicher Tiefschlag für viele Branchen“, sagt er.
Als Vorsitzender des Ehinger Gewerbevereins „GHF – Gewerbe, Handel, Freie Berufe“ stellt Dicknöther fest, dass vor allem Jungunternehmer und Betriebe, die vor Kurzem investiert haben, „ganz besonders gebeutelt“ seien. „Da laufen neben den vielen Kosten auch noch die Zinsen weiter“, sagt er. „Diese Unternehmen sind durch Corona ganz deutlich in ihrer Existenz bedroht“. Als besonders negative Auswirkung des Lockdowns nennt Dicknöther, dass jetzt viel mehr im Online-Handel eingekauft werde als vor Corona. „Das schadet dem Handel vor Ort natürlich ganz erheblich“, sagt Karl-Heinz Dicknöther und betont: „Lass den Klick in Deiner Stadt. Soll heißen, wer nicht will, dass die Innenstädte aussterben, weil die Geschäft schließen müssen, muss in der Region einkaufen und so den örtlichen Handel unterstützen. Vor allem jetzt in Krisenzeiten“. Corona habe die gesamte Gesellschaft, samt ihrer Wirtschaft und dem öffentlichen Leben um Jahre zurück geworfen, sagt der GHF-Vorsitzende und zitiert den Handelsverband „Textil“. „Die sprechen von Umsatzeinbußen zwischen 30 und 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr und betonen, dass sehr viele Betriebe ums Überleben kämpfen“.
„Kurzarbeit“ nennt Karl-Heinz Dicknöther ein „sehr gutes Instrument, das momentan in jeder Branche helfen“ könne, um Entlassungen zu vermeiden und die Zukunft des Unternehmens zu festigen. Auch die von staatlichen Seiten geleistete Soforthilfe lobt der GHF-Vorsitzende. „Die war unbürokratisch, problemlos und schnell zu bekommen. Das hat den Betrieben enorm geholfen, um liquide zu bleiben und die laufenden Kosten, trotz fehlender Einnahmen, bezahlen zu können“. Dicknöther lobt an dieser Stelle besonders die Handwerkskammer und die Industrie- und Handelskammer. „Die haben bei der Vergabe der Soforthilfen sehr gute Arbeit geleistet“, sagt er.
Skeptischer sieht Dicknöther die Auswirkungen der Mehrwertsteuer-Senkung. Die Steuersenkung werde in vielen Betrieben weitergegeben und wirke sich bei großen Einkäufen auch sicher deutlich aus. „Hoffen wir, dass die Senkung der Steuer die Wirtschaft auch tatsächlich so ankurbelt wie vorausgesagt“.
Obwohl Karl-Heinz Dicknöther in der Corona-Krise einen „riesigen Rückschlag für die Wirtschaft“ sieht, schaut er „einigermaßen positiv“ in die Zukunft. „Es gibt vorsichtige positive Zeichen der Erholung und Stabilisierung. Deshalb darf jetzt keine Angst vor einer möglichen zweiten Welle aufkommen, die sich auf das Kaufverhalten der Menschen sicher wieder auswirken würde“. Die Lockerungen des Lockdown seien sehr wichtig gewesen, damit sich die Leute wieder einigermaßen wohlfühlen, betont der GHF-Vorsitzende. „Wer sich wohlfühlt, der konsumiert auch. Und das gilt nicht nur im Biergarten“, sagt Karl-Heinz Dicknöther.
Ausgabe 29.07.2020
Haustiere bringen keine Corona-Gefahr
Jochen Seefelder: „Hunde sind kaum empfänglich“
„Keine“, antwortet Jochen Seefelder auf die Frage, welche Corona-Gefahr von Haustieren ausgeht. „Tiere können sich zwar infizieren, es gibt aber bislang keinen Nachweis einer Übertragung des Virus von Hunden oder Katzen auf Menschen“, sagt der Tierexperte und Inhaber des Ehinger Fachmarkts „1,2,3,4…Mein Tier“.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – Obwohl das Corona-Virus seinen Ursprung wahrscheinlich bei Fledermäusen habe, erklärt Jochen Seefelder, würden andere Tiere keine Rolle für die Infektion von Menschen spielen. „Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass Hunde für das Virus kaum empfänglich sind und deshalb von ihnen, auch bei engem Körperkontakt, keine Ansteckungsgefahr ausgehe. Das gilt grundsätzlich auch für Katzen. Die können aber durchaus Symptome zeigen. Bisher gibt es jedoch keine Anhaltspunkte, dass Katzen andere Haustiere oder gar Menschen anstecken können“.
Insgesamt sei die Zahl infizierter Tiere weltweit so gering, dass nur von Einzelfällen ausgegangen werden könne, sagt der Ehinger Tierexperte und erzählt von weltweit nur zwei mit Corona infizierten Hunden in Hong Kong, einigen Tigern und Löwen, die wohl im Bronx-Zoo in New York infiziert waren, und zwei US-amerikanischen Hauskatzen, bei denen das Corona-Virus nachgewiesen werden konnte. Trotzdem rät Jochen Seefelder auch im Umgang mit Tieren die Hygieneregeln zu beachten und die Hände häufig zu waschen. „Das gilt insbesondere für Haustierbesitzer, die mit dem Virus infiziert sind“, sagt er. „Die sollten ihre Tiere, vor allem ihre Katzen nicht anhusten oder anniesen“. „Drastische Maßnahmen“, wie sonst freilaufende Katzen aus Sorge zu Hause einzusperren, verneint Jochen Seefelder. „Man könnte aber Nachbarn bitten, Abstand zu den Tieren zu halten“, sagt er. Auch Nutztiere seien nicht durch das Corona-Virus gefährdet, zitiert Jochen Seefelder einen Bericht des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit. „Demzufolge gibt es keine Hinweise, dass sich Schweine, Hühner oder andere Nutztiere mit Corona infizieren können. Das Institut empfiehlt derzeit auch keine Tests an Schlachttieren“. Grundsätzlich gehe ein Infektionsrisiko zwar nicht von Tieren, sondern von Menschen aus, sagt Jochen Seefelder, empfiehlt aber bei auftretenden Symptomen oder einem Verdacht sofort zum Tierarzt zu gehen. In Hunden sieht der Ehinger Tierexperte langfristig sogar eine Hilfe, um Coronafälle schneller zu entdecken. „Corona soll im Atem der Infizierten nachweisbar sein“, sagt er. „Wenn das so ist, kann Hunden beigebracht werden die Corona-Infektion zu erschnüffeln“. Hunde seien bereits im Einsatz um Drogen oder Bomben aufzuspüren oder die Unterzuckerung von Diabetikern zu riechen, deshalb sei die Ausbildung zum „Corona-Spürhund“ durchaus möglich, sagt Jochen Seefelder. „Aber dazu braucht es eine oft jahrelange Ausbildung der Tiere. Kurzfristig ist der Einsatz von Spürhunden um Corona-Infektionen festzustellen sicher nicht möglich“.
Ausgabe 22.07.2020
Rückmeldungen waren oft wie ein Lottospiel
Schüler Maxi Renske und Lehrer Hanno Ströbele sprechen über Home Schooling am Vanotti Gymnasium
Nachdem vergangene Woche der Abiturient Joe Schuster und die Zehntklässlerin Alexandra Schneider aus ihrem „Alltag im Homeoffice“ berichtet haben, erfahren die Südfinder-Leser heute exklusiv von Lehrer Hanno Ströbele und Maxi Renske aus der achten Klasse, welche Erfahrungen gemacht und welche Gefühle aufkamen, während der „Wochen der geschlossenen Schulen“.
Von den Redakteuren der Vanotti Times
Ehingen – „Zehn Wochen ohne Schule. Der Traum jedes Schülers und ich durfte ihn ausleben“, sagt Maxi Renske. Lehrer Hanno Ströbele erinnert sich, dass die Lehrer des Ehinger Gymnasiums sich sofort besprochen haben. „Die wichtigste Frage war dabei, wie wir es schaffen können, unsere Schüler auch von zu Hause aus schnell und verlässlich zu erreichen, so dass eine Art Unterricht im Homeoffice stattfinden kann“, sagt er.
Als die Lehrer an jenem Freitag zu einer Versammlung bestellt wurden, hatte Hanno Ströbele bereits die klare Ahnung: Schulschließung in der Folgewoche. „Zunächst bis zu den Osterferien beschlossen“, erinnert er sich. Er wisse noch genau, wie er am vorerst letzten Schultag das Schulgebäude verlassen habe, sagt der Achtklässler Maxi Renske. „Nicht wissend, dass ich dieses Gebäude zehn lange Wochen nicht mehr betreten würde“. In der ersten Woche sei „alles noch sehr friedlich“ gewesen, da „niemand wirklich wusste, was nun getan werden“ soll. Aber nach ein paar Tagen seien die ersten Mails gekommen. „Und der süße Frieden war vorbei“. „Die ersten Arbeitsaufträge liefen ganz gut. Und nach den ersten Rückmeldungen sahen die Lehrer schnell ein, dass zu viele Rück-Mails der vielen Schülern kamen. Einige verzichteten vorerst auf die Rückgabe der Aufgaben“. Mit der Zeit seien aus kleinen Aufgaben ganze Kapitel geworden, die man sich alleine beibringen sollte, sagt Maxi Renske. „Und es gab immer wieder kleine Konferenzen“. Sein größtes Problem seien die Rückmeldung gewesen, weil sich einige Lehrer gar nicht oder extrem selten meldeten. „Das war wie ein Lottospiel: Hat er es gesehen? Ist alles angekommen?“
Durch „immer mehr Aufgaben und immer mehr Wochenpläne“ sei er gut beschäftigt gewesen, sagt Maxi Renske. „Von Klassenkameraden habe ich gehört, dass sie große Probleme mit Motivation und Konzentration hatten. Für mich als jemand, der alleine effektiver arbeiten kann, war das das geringste Problem. Die größte Schwierigkeit für mich war, die Dinge, die ich mir selbst beibringen musste, wirklich zu verstehen“. Die App, die später benutzt wurde, um Arbeitsaufträge hochzuladen und zu bearbeiten, sei zwar sehr praktisch gewesen, „aber nichts, was temporär von großem Vorteil war“. Nachrichten seien immer erst ein paar Minuten später angekommen und manche PDF-Dateien konnten aus unerklärlichen Gründen nicht angezeigt werden. Aus dem Home-Schooling zieht der Achtklässler als Fazit: „Alles in allem bin ich doch froh, zumindest für kurze Zeit wieder normal zur Schule gehen zu können“.
„Mit dem seit einigen Wochen teilweisen Wiedereinsetzen verschiedener Klassenstufen an der Schule“, sei etwas Normalität eingekehrt, „wenn auch nur in Ansätzen“, sagt Lehrer Hanno Ströbele. „Wir hoffen, dass dies im kommenden Schuljahr ausgebaut werden kann, natürlich unter der besonderen Berücksichtigung der aktuellen Umstände.“
Zu Beginn des Lockdowns seien Klassen-Mailverteiler erstellt worden, um den Eltern und Schülern die neuesten Informationen mitteilen zu können. „Wir stellten Material auf verschiedenen Online-Plattformen wie Moodle oder WebUntis zur Verfügung. Und als klar wurde, dass die Schulschließungen länger andauern werden, hat sich vor allem ein einheitlicher Weg über die Plattform Moodle als sinnvoll erwiesen“. Auf den habe sich das Lehrer-Kollegium geeinigt und konnte die Schüler damit zielgerichteter und verlässlicher mit Inhalten versorgen. „Auch Videokonferenzen konnten damit sinnvoll durchgeführt werden“, so Ströbele. Obwohl es einige individuelle Probleme zu meistern gegeben habe, sei doch zu merken gewesen, wie sich „alles etwas einzuschleifen begann“.
„Für alle Akteure war und ist es nach wie vor eine riesen Herausforderung. Es ist völlig klar, dass nicht jeder zuhause über die zeitlichen, räumlichen und personellen Kapazitäten verfügt, die einen normalen Unterricht an der Schule ersetzen könnten. Dabei hat man stets bemerkt, dass eine offene und regelmäßige Kommunikation zwischen Eltern, Lehrer und Schülern immens wichtig war und ist, um nicht nur den besonderen Regelbetrieb aufrechtzuerhalten, sondern sich auch über individuelle Fälle auszutauschen und zu einer sinnvollen Lösung zu kommen“, sagt Hanno Ströbele.
Ausgabe 15.07.2020
Da kam unter den Ehinger Abiturienten eine leicht apokalyptische Stimmung auf
Alexandra Schneider und Joe Schuster sprechen über Home Schooling und das Abitur in Ehingen
Im Rahmen der Medien-Kooperation zwischen dem Südfinder und der Vanotti Times berichten die Redakteure der Schülerzeitung des Ehinger Gymnasiums den Südfinder-Lesern exklusiv aus dem Schulalltag. Heute geht’s um die Schließung der Schule und um „coronabedingtes Home Schooling“.
Von den jungen Redakteuren
der Vanotti Times
Ehingen – „Kaum einer von uns hätte vor einem halben Jahr gedacht, dass sich Lehrer und Schüler bald nach einem ganz normalen Unterrichtstag sehnen würden“, sind sich die jungen Redakteure und ihr Lehrer Hanno Ströbele einig. Als es Mitte März hieß, dass die Schulen flächendeckend geschlossen werden, sei bei allen Beteiligten nicht nur ein mulmiges Gefühl aufgrund der beginnenden Pandemie aufgekommen, sondern hätten sich auch viele neue unterrichtliche Herausforderungen offenbart.
Dem Südfinder haben ein paar Schüler erzählt, wie sie diese ganz speziellen Wochen erlebt haben.
„Meistens beginnt mein Tag im Homeoffice zwischen acht und neun Uhr morgens“, sagt Alexandra Schneider. Zuerst sehe sie auf der Website nach, für welche Fächer Arbeitsaufträge bereitgestellt wurden und entscheide dann, was sie zuerst bearbeiten wird, so die Zehntklässlerin. „Dabei verteile ich die Aufgaben von einem Fach nicht auf mehrere Tage, wie es der Stundenplan tun würde, sondern bearbeite den kompletten Arbeitsauftrag eines Fachs lieber am Stück“, sagt sie. Sie versuche jeden Tag ein möglichst großes Pensum zu schaffen, sodass sie meist bereits am Donnerstagmittag mit allen Arbeitsaufträgen für die Woche fertig sei.
„Einige meiner Lehrer bieten regelmäßig Videokonferenzen an, in denen wir den Stoff besprechen. Sie zeigen sich sehr kooperativ, wenn jemand Fragen hat. Trotzdem ist es manchmal schwierig, weil man dem Lehrer eben nicht direkt fragen kann“, sagt Alexandra Schneider.
„Und manche Lehrer könnten sich echt mehr Zeit für ihre Schüler nehmen und die Menge der Aufgaben minimieren. Vielen von uns geht es nämlich oft so, dass die Aufgaben, obwohl wir strukturiert und zielorientiert arbeiten, viel mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die Länge der Schulstunden und der zusätzlichen Hausaufgaben brauchen würden“.
„Im Großen und Ganzen bin ich im Homeoffice zufrieden und finde es gut, dass man sich selbstständig einteilen kann, wann man was erledigen möchte“. Zudem sei es eben lockerer von zu Hause aus zu arbeiten. „Aber ich muss schon zugeben, dass ich die Schule doch vermisst habe. Es war schön wieder in die Schule gehen zu dürfen, meine Freunde, Klassenkameraden und Lehrer, wenn auch auf Distanz, wieder zu sehen“, sagt Alexandra Schneider.
Von den „Strapazen des Online-Unterrichts“ erzählt auch Joe Schuster aus der Jahrgangsstufe 2. „Keine Schule. Da freut sich doch jeder Schüler. Wir Abiturienten hatten aber gemischte Gefühle“, sagt er. „Wie sollten wir jetzt auf das Abitur lernen, so ganz ohne Druck von den Lehrern?“ Motivation sei in den ersten Wochen „tatsächlich Fehlanzeige“ gewesen, gibt er zu. „Schließlich blieb ja noch genug Zeit bis zu den Abitur-Prüfungen“. Da habe es auch nicht geholfen, „dass wir mit Arbeit geradezu überschüttet wurden“. „Jeden Tag bekamen wir neue Arbeitsaufträge, komischerweise fast nur von Nebenfächern, die für die Prüfungen total irrelevant waren. Das alles geschah auf so vielen verschiedenen Plattformen, wie Moodle, E-Mail, Untis, dass ich den Zeitpunkt passend fand, mir einen eigenen Laptop zuzulegen“, sagt der Abiturient und betont: „Da haben wir fast alle irgendwann den Überblick verloren. In dieser Situation erschien die Theorie, Zeit sei nur eine Erfindung, doch relativ plausibel. Die Stunden verschwommen zu einem einzigen Brei“.
„Zu unserem Glück wurden die Prüfungen schließlich um fast einen Monat verschoben, was uns allen wenigstens noch ein bisschen Zeit verschaffte. Und zwei Wochen vor den Prüfungen durften wir endlich wieder in die Schule. Wenn auch nur ein paar Stunden in der Woche“, sagt Joe Schuster.
„Als dann die großen Tage endlich vor der Tür standen, wurden wir zusätzlich zu unserer eigenen Nervosität noch von Corona-Regeln erschlagen. Seitenlange Pläne verrieten uns, welchen Eingang der Lindenhalle, welche Toilette und welche Desinfektionsmittel-Station wir benutzen sollten. Das führte dazu, dass eine leicht apokalyptische Stimmung aufkam“, erzählt er von den Abiturprüfungen. Zum Glück hätten aber alle überlebt und stünden nun vor der nächsten Frage: Wie bewirbt man sich in Zeiten von Corona?
Ausgabe 08.07.2020
„Gesenkte Steuer belebt privaten Konsum“
Hilde Mattheis: „Die Waschmaschine ist jetzt billiger“
Um die Konjunktur nach dem Corona-Shutdown in Schwung zu bringen, gelten seit der vergangenen Woche die gesenkten Mehrwertsteuersätze. Der Südfinder hat die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis nach ihrer Meinung gefragt, ob die Steuersenkung bei den Bürgern wirklich ankommt.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – Die Mehrwertsteuersenkung sei eine von vielen Maßnahmen, die die Bundesregierung als Konjunkturpaket beschlossen habe, um Wirtschaft wieder zu beleben.
Die Steuersenkung könne vor allem dazu beitragen, den privaten Konsum zu beleben, sagt Hilde Mattheis. Auf die Frage, ob dies gelingt, wenn beim Kauf von Lebensmitteln im Wert von 50 Euro nur knapp ein Euro gespart werden kann, antwortet die Abgeordnete: „Dabei geht es weniger um den Wochenendeinkauf sondern mehr um die Anschaffung größerer Dinge, die die Menschen nun vorziehen. Etwa eine Waschmaschine, die jetzt billiger wird“. Zudem dürfe nicht vergessen werden, dass das Konjunkturprogramm ein ganzes Maßnahmenbündel enthalte, das Bürger entlaste und Investitionen anschiebe.
Da mehrere große Unternehmen versichert hätten, die Senkung an die Kunden weiterzugeben, werde die Senkung der Mehrwertsteuer sicher in den Geldbeuteln spürbar, betont Hilde Mattheis. „Die Senkung muss natürlich von den Unternehmen weiter gegeben werden. Aber das können wir als Gesetzgeber nicht veranlassen“, so die SPD-Frau.
Angesichts der 20 Milliarden Steuerausfälle, die die Senkung der Mehrwertsteuer im Bundeshaushalt nach sich ziehen wird, sagt Hilde Mattheis, dass sie, anders als Kanzlerin Angela Merkel, auf keinen Fall versprochen hätte, dass Steuern und Abgaben nicht erhöht werden. „Denn ich bin durchaus dafür, dass starke Schultern hier mehr leisten, um die Breite der Bevölkerung zu entlasten. Eine Vermögensabgabe oder die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer sind für mich richtige Schritte um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen“, betont die Abgeordnete.
„Ich denke, Corona wird noch sehr lang unser Leben bestimmen“, sagt Hilde Mattheis und betont, dass die Politik in Deutschland, anders als in anderen Ländern, sehr schnell und umfassend auf die Krise reagiert habe. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir, aufgrund unserer exportgetriebenen Wirtschaft, nicht allein auf einer Insel der Glückseligen leben. Deshalb ist es richtig, ein großes Konjunkturprogramm auf europäischer Ebene anzustoßen“.
Hier die Fragen:
Seit vergangener Woche gilt die gesenkte Mehrwertsteuer. Kann die Senkung die Konjunktur wirklich ankurbeln?
Wer für 50 Euro Lebensmittel einkauft, wird rund einen Euro sparen. Reicht das aus, um die Konjunktur zu beleben?
Die Mehrwertsteuersenkung ist eine von vielen Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket um Wirtschaft wieder zu beleben. Sie kann vor allem dazu beitragen, den privaten Konsum zu beleben. Dabei geht es weniger um den Wochenendeinkauf sondern z.B. um die Anschaffung größerer Dinge, die die Menschen nun vorziehen, da bspw. die Waschmaschine billiger wird. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass das Konjunkturprogramm ein Maßnahmenbündel enthält, das in vielen Bereichen die Bürgerinnen und Bürger entlastet oder Investitionen anschiebt, z.B. bei den Kommunen.
Wird die Ersparnis bei den Kunden ankommen und vom Kunden bemerkt?
Haben Sie selbst die Senkung der Mehrwertsteuer vergangene Woche bereits in ihrem eigenen Geldbeutel „gespürt“?
Die Mehrwertsteuersenkung muss natürlich von den Unternehmen weiter gegeben werden, das können wir als Gesetzgeber nicht veranlassen. Mehrere große Unternehmen haben aber ja bereits angekündigt, genau das zu tun. Die BürgerInnen sollten die Entlastung also durchaus zu spüren bekommen.
Die Senkung wird Steuerausfälle von rund 20 Milliarden nach sich ziehen. Wer soll langfristig für die dazu nötigen Schulden aufkommen?
Wird es beim „Versprechen“ der Kanzlerin bleiben, dass Steuern und Abgaben nicht erhöht werden?
Ich kann nicht für die Kanzlerin sprechen. Wenn es nach mir ginge, hätte ich dieses Versprechen auch nicht abgegeben, denn ich bin durchaus dafür, dass starke Schultern hier mehr leisten, um die Breite der Bevölkerung zu entlasten. Eine Vermögensabgabe bzw. die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer sind für mich richtige Schritte um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen.
Wird die Konjunktur zeitnah anziehen?
Ich kann leider nicht in die Glaskugel blicken, aber Fakt ist, dass die Politik sehr schnell und umfassend sowohl eine unmittelbare Krisenreaktion vorgenommen als auch jetzt rasch ein Konjunkturprogramm zur Wiederbelebung vorgelegt hat. Da sind wir schneller als andere Länder. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir nicht allein auf der Insel der Glückseligen leben aufgrund unserer exportgetriebenen Wirtschaft. Auch deshalb ist es richtig, ein großes Konjunkturprogramm auf europäischer Ebene anzustoßen.
War es aus heutiger Sicht richtig, die Wirtschaft komplett herunter zu fahren?
Es war nach allem was wir wissen nötig, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.
Wie sinnvoll sind unterschiedliche Regelungen der Corona-Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern?
In dem Moment, wo es zu lokalen Ausbruchsherden, sog. Hot Spots kommt, sind lokal angepasste Maßnahmen sicher richtig und sinnvoll. Ich würde mir aber schon bessere nationale Standards und Abstimmung wünschen, z.B. beim Öffentlichen Gesundheitsdienst. Der hat in jedem Bundesland andere Aufgaben und andere Standards, das halte ich nicht für zielführend. Außerdem muss der ÖGD generell besser ausgestattet und unterstützt werden.
Wann wird Corona unseren Alltag nicht mehr bestimmen?
Ich denke, Corona wird noch sehr lang unser Leben bestimmen, hoffentlich nicht in der gleichen Dramatik wie im Frühjahr. Wir setzen zurecht große Hoffnung in die baldige Entwicklung eines Medikaments und / oder Impfstoffes. Da der noch nicht vorliegt, waren auch die Sofortmaßnahmen richtig. Aber die Auswirkungen dieses globalen Phänomens werden wir alle noch sehr lange spüren. Wir müssen daher im Nachgang sicher viele weitere Maßnahmen in die Wege leiten, die sich in meinen Augen vor allem von sozialen und Nachhaltigkeitszielen ausrichten müssen. Einfach so weitermachen wie bisher sollten wir nicht.
Ausgabe 24.06.2020
Ein Baustein gegen das Virus
Kevin Wiest hat die Corona-App
Er sei wohl einer der ersten Bürger gewesen, die die Corona-App auf ihr Handy geladen haben, sagt Oberstadions Bürgermeister Kevin Wiest. Der Südfinder hat ihn gefragt, warum er die App so wichtig findet.
Region – „Die Corona-App ist ein weiterer Baustein, um uns vor dem Virus zu schützen. Mit Hilfe der App können Infektionsketten schnell erkannt und unterbrochen werden. Und das bei maximalem Datenschutz“, sagt Bürgermeister Wiest und betont, dass er es „eigentlich als Pflicht“ betrachte, die App zu laden. „Jeder von uns sollte alles Mögliche tun, um sich, aber auch die Mitmenschen, gegen Corona zu schützen. Und da leistet die App ganz bestimmt einen großen Dienst“, sagt er. Natürlich sei es Voraussetzung, dass alle positiv getesteten Personen, das auch „per App zugeben und eintragen“. „Sonst ist der ganze Aufwand völlig umsonst“, so Wiest. In den vergangenen Tagen, seit er die Corona-App geladen habe, sei er sicher mit mehr als tausend Leuten in Kontakt gewesen. „Und es waren sicher mehr als hundert, mit denen ich gesprochen haben und engeren Kontakt hatte“, sagt er, „bislang bin ich aber noch nicht gewarnt worden“. Anonym würden sich die Handys austauschen und im Infektionsfall einer Person, mit der er in Kontakt gewesen sei, würde auf seinem Telefon eine „rote Warnung“ auftauchen, erklärt der Bürgermeister. „Ohne zu wissen, wann und mit wem ich da in Kontakt gewesen bin, kann ich mich dann sofort testen lassen. Eine tolle Sache“.
Ausgabe 17.06.2020
Das Virus hat viele Menschen unverschuldet in Not gebracht
Petra Fiderer: „Es wird eine weitere Welle der Hilfesuchenden kommen“
Wie sehr die Corona-Krise auch Menschen in der Region getroffen hat, weiß Petra Fiderer, Sozialberaterin der Caritas in Ehingen. „Die Hilferufe haben sich durch Corona nahezu verdoppelt“, sagt sie. Der Südfinder hat nachgefragt, wie die Caritas den „Corona-Opfern“ helfen kann.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Zu mir kann eigentlich jeder kommen, der etwas auf dem Herzen hat“, sagt Petra Fiderer.
„Die Allgemeine Sozialberatung der Caritas Ulm/Alb-Donau in Ehingen versteht sich als Anlaufstelle für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten und mit persönlichen Problemen“. Die Nachfrage nach Beratung sie bereits bisher hoch gewesen, aber einen Ansturm wie durch Corona habe sie noch nicht erlebt, betont die Sozialberaterin. Unter den Menschen, die bei der Caritas-Beratungsstelle im Ehinger Kolpinghaus anrufen, seien viele, die bislang noch nie staatliche Hilfe in Anspruch genommen haben. „Das sind Familien, Alleinerziehende oder Soloselbständige, die bislang mit ihrem Einkünften über die Runden kamen, aber durch Corona unverschuldet in eine komplette Schieflage geraten sind“, sagt Petra Fiderer. So ging es einer Familie mit vier Kindern. Der Vater kam in Kurzarbeit, die Mutter verlor ihren Aushilfsjob, die Raten für’s Haus liefen weiter und Heizöl musste gekauft werden. Als dann auch noch das Auto kaputt ging, klingelte bei Petra Fiderer das Telefon und sie konnte, nach Prüfung der Sachverhalte, beispielsweise mit einer Beihilfe für das Heizöl und einem Gespräch mit der Bank helfen. Auch einer alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, die sich dank Arbeitsplatz und Minijob bis zur Krise gut zurecht kam, aber nichts „zur Seite legen“ konnte, half die Caritas. „Durch Kurzarbeit und Verlust des Nebenjobs war das Geld plötzlich so knapp, dass es sogar an Lebensmitteln fehlte“, erinnert sich Petra Fiderer. Hier konnte sie schnell mit Lebensmittelgutscheinen helfen. „Außerdem haben wir Arbeitslosengeld II beantragt, als Unterstützung zum Lebensunterhalt“. Petra Fiderer erzählt auch von einem alleinerziehenden Vater, der sich nach der Trennung von seiner Frau, um die drei Kinder kümmert und bislang durch einen 60 Prozent-Job ohne staatliche Hilfe klar kam. „Die Kurzarbeit hat seine Finanzen derart in Schieflage gebracht, dass er sich bei uns meldete“, sagt die Beraterin. Mit Lebensmittelgutscheinen und Überbrückungsgeld konnte auch hier schnell geholfen werden. „Sehr wichtig ist, den Betroffenen die Möglichkeiten der staatlichen Unterstützung aufzuzeigen“, sagt Petra Fiderer. „Weil die Leute nicht wissen, wer, wann und wo Hilfen beantragen kann, ist die Information dazu ein wichtiger Teil meiner Beratung“. In jedem Anruf und in jeder Beratung, so die studierte Sozialarbeiterin, stecke sehr viel Emotion. „Obwohl sie durch Corona völlig unverschuldet in finanzielle Not geraten sind, kratzt die Situation, der Anruf und die Beantragung von staatlichen Hilfen sehr am Selbstbewusstsein der Menschen“, sagt Petra Fiderer. Weil viele Menschen „aus Scham“ nicht um Hilfe bitten, vermutet die Fachfrau, dass die Dunkelziffer der Menschen, die durch Corona in große finanzielle Not geraten sind, sehr groß ist. „Die Zahl der Ratsuchenden wird in den kommenden Monaten weiter steigen, weil die Krise noch längst nicht überwunden ist. Corona wird uns sicher noch bis weit ins kommende Jahr beschäftigen. Ich rechne mit einer weiteren Welle, in der Menschen ihre Arbeit verlieren und deshalb in Schulden geraten“, sagt sie.
Petra Fiderer beobachtet, dass die Betroffenen sehr wohl anerkennen, dass Kurzarbeit ein gutes Instrument ist, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten. „Aber manchmal wird das Geld wegen der Kurzarbeit eben so knapp, dass sogar Lebensmittel fehlen. Dann muss den Leuten schnell erklärt werden, wie sie staatliche Hilfe bekommen können und bei der Antragsstellung geholfen werden“. Bis diese Gelder zur Auszahlung kommen, kann die Caritas in Einzelfällen mit Überbrückungsgeld oder Gutscheinen für Lebensmittel helfen. „Gemeinsam mit den Betroffenen werden Lösungswege und neue Lebensperspektiven erarbeitet“, sagt Petra Fiderer und betont, dass sich die Unterstützungsangebote der Beratungsstelle an Menschen aller Altersgruppen, Nationalitäten und Konfessionen, insbesondere an Familien und Einzelpersonen aus dem Raum Ehingen, richten. „Die Beratung ist kostenlos und ich bin natürlich zur Verschwiegenheit verpflichtet“, so Petra Fiderer.
Info
Die Sozial- und Arbeitslosenberatung der Caritas in Ehingen, Hehlestraße 2, ist telefonisch erreichbar unter 07391/707326 und per Email: fiderer.p@caritas-ulm.de. Weitere Informationen sind im Internet zu finden unter www.caritas-ulm.de.
Ausgabe 10.06.2020
„Die Prämie ist eine schöne Geste“
Denis Lamsfuß fordert „neue Personalschlüssel“ und eine Pflegereform
„Unterbesetzt, zu schlecht bezahlt und extrem belastend“: Das sind die gängigen Klischees, wenn von Pflegeberufen die Rede ist. Die sind aber mit Beginn der Corona-Krise in den öffentlichen Fokus gerückt. Da wurde vor den Heimen geklatscht und die Politik kündigte gar eine Corona-Prämie an. Der Südfinder hat Denis Lamsfuß, Leiter des Seniorenzentrums St. Anna in Munderkingen, gefragt, wie nachhaltig die derzeitigen Anerkennungen sind.
Von Karl-Heinz Burghart
Munderkingen – Im Seniorenzentrum St. Anna kümmern sich 123 Mitarbeiter um derzeit 75 Bewohner. „Wir sind bis heute frei von Infektionsfällen“, sagt Leiter Denis Lamsfuß und betont, dass die Corona-Krise und die notwendigen Schutzmaßnahmen dem Pflegepersonal sehr viel abverlange. „Und zu diesem erheblichen Mehraufwand kommt die Gefahr oder die Angst sich anstecken zu können“. Außerdem, so Lamsfuß, hätten die Mitarbeiter während der Kontaktsperre mit Zusatzprogrammen für Abwechslung bei den Senioren gesorgt und eigens eine „Video-Telefonzelle“ eingerichtet, um Kontakt zu den Angehörigen herzustellen. „Unsere Mitarbeiter waren sehr achtsam und haben sich bis weit in den privaten Bereich hinein eingeschränkt, um für unsere Bewohner präsent sein zu können“, lobt der Heimleiter. Dass Menschen klatschend vor den Pflegeheimen standen, sei eine Reaktion auf die schlimmen Bilder aus anderen Ländern gewesen, sagt Denis Lamsfuß. Zur angekündigten „Corona-Prämie“ für Pflegekräfte sagt er: „Die freut sicher alle und ist sicher kein Fehler. Nachhaltige Verbesserungen für die Pflegeberufe sind dadurch aber nicht zu erwarten“. Auf die Frage, wie eine solche Verbesserung machbar wäre, sagt der Fachmann, dass das öffentliche Bild der Pflege verbessert werden müsse und zügig eine Pflegereform nötig sei. Im Moment gebe es deutlich mehr Wertschätzung, aber auch bisher seien Pflegeberufe hoch angesehen gewesen. „Aber trotzdem rät keiner seiner Tochter zu einem Pflegeberuf. Schlechte Bezahlung und Überbelastung werden oft als Gründe genannt“, sagt Lamsfuß und betont: „Dieses Vorurteil ist einfach falsch. Der Lohn ist bei tarifgebundenen Arbeitgebern nicht schlecht“. Der Heimleiter gibt zu, dass sich seine Mitarbeiter aber mehr Zeit für die Bewohner wünschen, wofür zusätzliches Personal nötig wäre. Außerdem fordert Lamsfuß eine Pflegereform und nennt „konstante Gebührensätze für Angehörige“ sowie die „Anpassung der Personalschlüssel“ in den Einrichtungen als wichtige Punkte. „Die Mitarbeiter in der Pflege leisten eine tolle Arbeit und die verdient sicher mehr als ein paar warme Dankesworte. Die Corona-Prämie ist eine tolle, schöne Geste der Wertschätzung für die Belastung währen der Krise. Um die Pflegeberufe aber nachhaltig zu unterstützen, muss eine Pflegereform in naher Zukunft folgen“, sagt Denis Lamsfuß.
Ausgabe 03.06.2020
Schluss mit dem Dickicht der unklaren Regeln
Hagel: „Was nicht verboten ist, das dann ist erlaubt“
Bereits vor zwei Wochen forderte der Landtagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Manuel Hagel: „Schluss mit verwirrenden Corona-Verordnungen“. Weil die Regeln aber immer noch schwammig sind, hat der Südfinder nachgefragt.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Politik lebt von Akzeptanz“, sagt Manuel Hagel und lobt, dass die Corona-Verordnungen von den Menschen im Land sehr gut angenommen worden seien. Von den generellen Verboten des Lockdown, seien zur Lockerung schrittweise Ausnahmen gemacht worden. „Wenn aber jedes Ministerium mehrfach fortschreibt, was letztlich nicht mehr verboten ist, und es dazu noch jeweils separate Ausführungsbestimmungen gibt, dann wird es natürlich sehr verflochten“, sagt der Generalsekretär und kündigt an: „Mit diesem Dickicht an Verordnungen wird nun sehr bald Schluss sein“. Hagel fordert mehr Übersichtlichkeit und eine klare Struktur in der Corona-Gesetzgebung. „Die Menschen müssen klar wissen, was erlaubt ist und was leider noch nicht geht“, sagt er.
Als klar gewesen sei, dass die Infektionszahlen es zulassen, habe seine Partei dem „grünen Partner im Koalitionsausschuss vor Pfingsten Druck gemacht“. Denn, so Hagel, jetzt könne man sich wieder mehr Normalität leisten. „Darum muss auch in der Rechtssetzung wieder Normalität einkehren“. Das bedeute, dass die Corona-Verordnung „komplett mit neuer Systematik aufgelegt“ werde. Hagel: „Sie geht dann nicht mehr vom Verbot aus, sondern es heißt wieder ganz klar: Was nicht verboten ist, das ist erlaubt“. Diese neue Verordnung soll am 23. Juni im Landtag verabschiedet werden und Anfang Juli in Kraft treten.
Trotz aller Lockerungen mahnt der Abgeordnete: „Vorsicht muss die Mutter der Porzellankiste bleiben. Die Gefahr einer zweiten Infektionswelle ist bei Weitem nicht gebannt. Wir müssen achtsam bleiben und weiter behutsam miteinander umgehen“.
Wie stehst Du zu der Forderung nach klaren Regelungen?
Politik lebt von Akzeptanz. Das sieht man auch an den Corona-Verordnungen. Sie wurden sehr gut angenommen und bis heute finden sie 2/3 der Menschen richtig. Gemeinsam haben wir so das Schlimmste verhindert – auch wenn wir weiter wachsam bleiben müssen. Jetzt brauchen wir aber auch wieder mehr Übersichtlichkeit und eine klare Struktur in der Corona-Gesetzgebung. Die Menschen müssen klar wissen was erlaubt ist und was leider noch nicht geht. Daher hat unsere Spitzenkandidatin Dr. Susanne Eisenmann sich dafür in der Landesregierung bereits vor 14 Tagen eingesetzt – und auch durchgesetzt. Wir kamen vom Totalverbot. Dieses war in der Ausnahmesituation im März richtig. Aber jetzt, wo wir uns wieder mehr Normalität leisten können muss auch in der Rechtssetzung wieder Normalität einkehren.
Zahlendreher in der Krise
Hilfe für die Gastronomie
Trotz aller Lippenbekenntnisse der Politik zur nötigen Hilfe für die Gastronomie, hat der Oberstadioner Adlerwirt bis heute keinen Cent der Soforthilfe gesehen. „Bei mir hat die Bürokratie voll zugeschlagen“, sagt Andreas Müller.
Von Karl-Heinz Burghart
Mehr als zwei Monate war der Adler in Oberstadion geschlossen. Wie alle Wirte hat Andreas Müller in dieser Zeit keinen Umsatz gemacht, aber die Kosten liefen weiter. Und wie die anderen Gastwirte hat er frühzeitig die „unbürokratische Soforthilfe“ beantragt. „Die hätte mein Konto sehr entlastet und mir manche schlaflose Nacht erspart“, sagt er.
Aber es kam völlig anders. Von der Industrie- und Handelskammer bekam der Adlerwirt zwar wenige Tage nach seinem Antrag eine Vorgangsnummer zugewiesen und mitgeteilt, dass sein Antrag an die zuständige L-Bank weitergeleitet worden sei. Weil dann aber mehrere Wochen vergingen, wollte Müller telefonisch nachfragen, bekam aber „keinen Menschen an die Strippe“. Auf seine anschließende Email, kam vier Wochen nach Antragstellung die Antwort der L-Bank: „Ihr Vorgang ist in der Bearbeitung für Problemfälle“. „Weil ich nicht kapiert habe, was das heißt, habe ich meinen Antrag nochmal angesehen und gemerkt, dass ich in meiner IBAN einen Zahlendreher hatte“. Den wollte Müller per Mail korrigieren. Aber da hatte er die Rechnung ohne die Bürokratie gemacht. Erst sollte er „den Ablehnungsbescheid abwarten“, der bis heute nicht ankam. Dann musste Andreas Müller einen komplett neuen Antrag stellen. Vor rund zwei Wochen bekam er dann eine weitere Vorgangsnummer zugeteilt, aber bis heute hat er von der L-Bank weder eine Nachricht noch die dringend erwartete Soforthilfe bekommen. „Es ist sehr ärgerlich, dass man bei der L-Bank nicht nachfragen kann und keinen Mitarbeiter ans Telefon bekommt. Ich muss mit der Ungewissheit leben, ob ich die versprochene Soforthilfe überhaupt noch bekomme oder ob ich am Schluss endgültig leer ausgehen werde“, sagt Adlerwirt Andreas Müller.
Ausgabe 27.05.2020
Pferde als Corona-Helfer
Alexandra Ott bietet auf Pferde gestütztes Coaching
Homeoffice, Kinderbetreuung und knappe Kasse durch Kurzarbeit. „Durch Corona sind viele Menschen echt gestresst“, sagt Alexandra Ott und bietet „Coaching“, das sie auf ihre Pferde stützt, als Hilfe an.
Rettighofen – In der Corona-Krise gehe es oft darum, dass sich die Menschen durch die Vielzahl der Aufgaben, die plötzlich zu bewältigen sind, selbst überfordern, sagt Alexandra Ott und nennt Homeoffice, Kinderbetreuung, Haushalt, Home-Schooling und Kurzarbeit als Beispiele.
„Die Leute nehmen sich oft zu viel vor und setzen sich selber unter Druck, weil alles perfekt erledigt sein muss“, sagt sie.
Alle dabei entstehenden positiven und negativen Emotionen, so die Fachfrau, spiegle das Pferd dem Menschen zurück. „In der Interaktion mit den Pferden erkennen die Menschen, dass Manches nur halb so schlimm ist. Und dass auch mal was liegenbleiben darf, das später erledigt werden kann“, erklärt Alexandra Ott.
Pferdegestütztes Coaching habe nichts mit Reiten zu tun, sagt die Expertin, vielmehr übernehme das Pferd die Rolle eines Co-Coaches. „Das Pferd bringt den Menschen zur Selbstreflektion“, sagt sie und erklärt, dass für das pferdegestützte Coaching eine „Art Parcours“ aufgebaut werde, den ihre Klienten mit den Pferden durchlaufen. „Dabei kommt es zu Emotionen und Verhaltensweisen, die sich auf den Alltag und die Lebenssituation, also auch auf die stressigen Momente, die während der Corona-Krise entstehen können, übertragen lassen“.
Die Ruhe, die Natur und nicht zuletzt ihr Wildgehege in Rettighofen erleichtere das pferdegestützte Coaching für Menschen, die durch Corona in Stress geraten sind.
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Maske bis es Impfstoff gibt
Hilde Mattheis: „Die Krise ist nicht überstanden. Das Virus ist nicht besiegt“
Zunehmend wird in Frage gestellt, ob die Corona-Beschränkungen wirklich nötig sind und notwendig waren. Der Südfinder hat sich darüber mit der Gesundheitspolitikerin, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags und SPD-Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis unterhalten.
Frau Mattheis, war der Lockdown wirklich nötig?
Ja, die schnelle und weitgehende Einstellung des öffentlichen Lebens war wirklich notwendig und sie war erfolgreich. Wir konnten die ungebremste Ausbreitung des Virus stoppen und damit das Gesundheitssystem vor einer Überlastung bewahren.
Die Alternative ist derzeit in Ländern wie Brasilien oder den USA zu sehen. Zum Teil auch in Schweden, das in der Relation zur Bevölkerungszahl eine viel höhere Todesrate als Deutschland aufweist.
Wie gefährlich ist das Coronavirus im Moment noch?
Die Infektionszahlen sind glücklicherweise gesunken, daher waren Lockerungen möglich. Die Gefährlichkeit des Virus hat sich aber dadurch nicht verändert. Es bleibt hochansteckend. Und da bisher keine Medikamente gegen Covid-19 zugelassen sind und am Impfstoff weiter geforscht wird, gibt es auch weiterhin keine Therapie.
Sind Abstand und Mundschutz denn noch nötig?
Das gesamte Maßnahmenpaket, also Abstand halten, Hände waschen, sonstige Hygienevorschriften einhalten, verbunden mit den Testungen und der Kontaktnachverfolgung, ist wichtig.
Der Lockdown hatte gravierende soziale und wirtschaftliche Auswirkungen. Deswegen war es richtig, die Beschränkungen in den vergangenen Wochen zu lockern. Um einen unkontrollierten Ausbruch des Virus aber zu verhindern, müssen jetzt andere Maßnahmen greifen. Dazu gehören nach wie vor Hygiene- und Abstandsregeln, Ausweitung der Tests, Infektionsnachverfolgung und jetzt eben auch die Maskenpflicht in Verkehrsmitteln und im Einzelhandel. Denn in geschlossen Räumen ist nach derzeitigem Wissen die Übertragung des Erregers wahrscheinlicher. Das Virus ist nicht besiegt.
Vor ein paar Wochen haben Virologen und Politiker noch gesagt, dass Schals und Tücher nicht schützen. Warum soll das jetzt anders sein?
Es handelt sich bei Covid-19 um einen zuvor unbekannten Virus. Zu Beginn der Pandemie lagen uns nur wenige wissenschaftliche Studien zu dessen Eigenschaften und Gefährlichkeit vor. Es war deswegen richtig entsprechend neuester Forschungsergebnisse die Maßnahmen regelmäßig anzupassen. Die Entscheidung zugunsten einer Maskenpflicht fiel beispielsweise, nachdem Untersuchungen nachwiesen, dass sehr viele Viren durch bloßes Sprechen in die Luft gelangen und dass diese lange dort bleiben und weitere Menschen infizieren können.
Wie lange müssen wir noch Masken tragen?
Ich wage derzeit keine Prognose zu den Maßnahmen. Wir versuchen eine Balance zu halten zwischen Aufhebung der Einschränkung und Infektionsschutz. Ich denke, wenn wir wieder ins Café gehen können, dafür aber eine Maske tragen müssen, dann ist das eine Verbesserung. Immerhin hat die Gastronomie wieder geöffnet. Ich glaube, dass es eine wirkliche Entspannung erst mit der Einführung eines Impfstoffs oder wirksamen Medikaments gibt.
7. Wie viele Menschen sind „an Corona“ verstorben und wie viele verstarben „mit Corona“?
In der offiziellen Statistik werden alle Menschen gezählt, bei denen man als Todesursache klar Corona benennen kann sowie jene, die zwar positiv auf Corona getestet wurden, deren genaue Todesursache aber nicht feststellbar ist. Die festzustellen würde beispielsweise eine Autopsie erfordern, die aber Gefahren birgt. Das ist allerdings nicht neu. Die Krankenhäuser verfahren hier genauso wie bei anderen schweren Krankheitsverläufen mit möglichen auftretenden Komplikationen.
Zur Frage der Todesursachen wird weiter intensiv geforscht. Die Datenlage zeigt, dass sehr viele Tote bereits Vorerkrankungen hatten und älter sind. Das ist aber nicht ausschließlich so. Wir wissen auch von jungen und gesunden Menschen, die einen sehr schweren Corona-Verlauf hatten und verstarben. Sowohl Untersuchungen aus Deutschland als auch aus dem Vereinigten Königreich legen übrigens nahe, dass die Verstorbenen statistisch gesehen noch neun Jahre gelebt hätten. Also auch die Meinung, Corona würde nur hoch betagte Menschen treffen, ist wahrscheinlich falsch.
Entgegen aller Befürchtungen ist weder das deutsche Gesundheitssystem zusammengebrochen, noch starben Tausende an Corona. Warum sollen wir jetzt glauben, dass eine zweite Corona-Welle droht?
Eine zweite Ansteckungswelle kann jederzeit passieren, da weiterhin der Großteil der Bevölkerung nicht immun ist und wir auch keinen Impfstoff haben. Wenn die Reproduktionszahl wieder steigt, also ein Kranker mehr als einen anderen ansteckt, breitet sich das Virus aus und dann steigt auch wieder die Zahl der schweren Verläufe und der Toten. Die Spanische Grippe ist da ein trauriges Vorbild. Die verlief in drei Wellen, die erste Welle war im Frühjahr 1918, mit einer Beruhigung im Sommer und dann einem erneuten Ausbruch im Herbst, noch schlimmer als zuvor. Das darf uns nicht auch passieren. Solang wir dieses Virus nicht durch Impfstoff oder Medikamente bekämpfen können, müssen wir wachsam bleiben. Und das bedeutet für uns alle, dass wir die Maßnahmen der Distanzierung und der Hygieneregeln befolgen.
Hat die Bundesregierung die Corona-Krise gut gemeistert oder wurden da Fehler gemacht? Welche?
Wir haben die Krise noch nicht überstanden, aber insgesamt haben Bundesregierung, Bundestag und die Länder bis dato gut gearbeitet. Es ist vergleichsweise schnell gelungen, Hilfspakete zu schnüren, die Testkapazitäten hoch zu fahren und die Bevölkerung für die Gefahren zu sensibilisieren. Natürlich wurden Fehler gemacht. Das ist in einer völlig neuen Situation, auf die sich niemand genau vorbereiten konnte, auch normal. Uns werden dadurch unsere Defizite bewusst, etwa die Unterbesetzung der Gesundheitsämter, die in den vergangenen Jahren kaputtgespart wurden. Deshalb will ich die Daseinsvorsorge wieder stärken und im Grundgesetz verankert sehen.
Ausgabe 20.05.2020
Urlaub auf den Balearen oder dem Balkon?
Ronja Kemmer: „Mit Abstand aber ohne Maske an den Badestrand“
Balkon statt Balearen? Ganz so schlimm wird es nichtkommen, sagt Ronja Kemmer. Der Südfinder hat die CDU-Bundestagsabgeordnete nach möglichen Urlaubsplänen gefragt.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – Die Pfingstferien stehen vor der Tür und der Sommerurlaub ist nicht mehr weit. Auf die Frage welche Reisen möglich sein werden, antwortet Ronja Kemmer, dass
Auslandsreisen momentan noch Reise- und Quarantänebestimmungen der verschiedenen Länder entgegenstehen. Die Aussichten auf Urlaub in Deutschland aber sehr gut seien. „Die deutschen Hotels können spätestens ab Ende Mai wieder öffnen und in Ferienwohnungen und auf Campingplätzen können wieder Gäste empfangen werden“. Die Reisewarnung des Auswärtigen Amts laufe am 15.Juni aus und werde dann wohl nur noch für einige Länder gelten, sagt Kemmer. Die Abgeordnete ist wie Thomas Bareiß, der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, der Meinung, dass von Fernreisen abzuraten sei. Dafür müsse erst der Flugverkehr wieder anlaufen, sag sie und betont: „da muss jeder das Risiko auch selbst abwägen. In manchen Ländern wollte ich im Ernstfall nicht mit Corona im Krankenhaus liegen oder in Quarantäne eingesperrt sein“. Bei Reisen ins europäische Ausland, insbesondere im „Schengenraum“, so Kemmer, werde nach dem 15. Juni „wieder mehr möglich“ sein. Wann stark betroffene Länder wie Spanien und Italien wieder Tourismus zulassen, müsse dort geklärt werden. „Aber gegen einen Wanderurlaub in Österreich nach dem 15. Juni spricht aktuell gar nichts“, sagt sie.
„Aber alle Pläne können Makulatur sein, wenn die Infektionszahlen wieder stärker steigen. Ob wir reisen können, hängt immer davon ab, ob wir uns verantwortungsbewusst weiterhin an Abstandsregelungen, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen halten“, so die Abgeordnete. Auf die Frage, wie der Urlaub in deutschen Hotels und an deutschen Stränden aussehen wird, antwortet Ronja Kemmer: „Die Bundesländer entscheiden, welche Auflagen Hotels bekommen“. Klassische Selbstbedienungs-Buffets werde es wohl nicht geben und die Abstandsregeln werden sicher auch in der Urlaubszeit gelten. Auch „Badevergnügen Handtuch an Handtuch“ verneint die Abgeordnete. So wie wir den Strandurlaub kannten, halte ich ihn nicht für möglich. Dass am Strand Schutzmasken getragen werden müssen, glaubt Ronja Kemmer nicht. „Aber sicher wäre es vielen von uns lieber, mit Maske am Strand zu liegen, als gar nicht in den Urlaub fahren zu können“, sagt sie.
Balkonien statt Balearen. Ist der Traum vom Sommerurlaub 2020 bereits ausgeträumt? Und was ist mit Reisen während der Pfingstferien?
Aktuell sieht es ja sehr gut aus. Die deutschen Hotels können alle spätestens ab Ende Mai wieder öffnen und in Ferienwohnungen und auf Campingplätzen können schon wieder Gäste empfangen werden. Es gibt aber bei Auslandsreisen noch Aspekte, die jetzt eine Rolle spielen, die uns aber in normalen Zeiten gar nicht so bewusst sind. Es gibt kein Ausreiseverbot, aber die Reiseländer verbieten aktuell die Einreise oder erschweren sie durch eine Quarantänepflicht, die zurzeit auch bei Rückkehr nach Deutschland gilt. Die Frage nach den Ferien im Ausland wird also insbesondere im Ausland getroffen. Wenn man jetzt schaut, dann ist der Pfingsturlaub bei wenigen Ausnahmen nur in Deutschland erlaubt.
Thomas Bareiß sagt, dass Fernreisen erst wieder denkbar seien, wenn ein Medikament gegen Corona existiere. Das verbietet alle Fernreisen in diesem Sommer. Oder?
Bei den Fernreisen kommt es auch auf die jeweiligen Reiseländer an. Zusätzlich muss dafür auch der Flugverkehr wieder anlaufen. Die pauschale Reisewarnung des Auswärtigen Amts läuft am 15.06. aus und wird im Anschluss wohl nur noch für einige Länder gelten. Aber man sollte immer zusätzlich das eigene Risiko abwägen. In manchen Ländern wollte ich im Ernstfall schon gar nicht mit Corona im Krankenhaus liegen oder bei Quarantäne eingesperrt sein.
Was ist mit Urlaub in unseren Nachbarländern oder auf den Balearen und den griechischen Inseln? Noch gibt es aber die allgemeine Reisewarnung und noch sind die Grenzen geschlossen. Wird sich das demnächst/bis zum Sommer ändern?
Mit Blick auf die Reisen im Schengenraum wird nach den aktuellen Plänen ab dem 15. Juni wieder mehr möglich sein. Ob und wann aber die stark betroffenen Länder wie Spanien und Italien ausländische Gäste empfangen, muss vor Ort geklärt werden. Gegen Wanderurlaub in Österreich ab dem 15.06. spricht aktuell nichts.
Wird bis zu den Sommerferien wieder „Schengen-Normalität“ eingekehrt sein?
Nach den aktuellen Planungen und differenziert auf einen Teil des Schengenraums, kann ich darauf ein klares ja geben. Aber alle Pläne können Makulatur sein, wenn die Infektionszahlen wieder stärker steigen. Ob wir reisen können, hängt immer davon ab, ob wir uns verantwortungsbewusst weiterhin an Abstandsregelungen, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen halten – so schwer es uns manchmal auch fällt.
„Reisen in Deutschland“ stellen Experten bereits in Aussicht. Wenn die deutschen Reiseweltmeister alle in Deutschland Urlaub machen, wird es dann zu überfüllten Hotels kommen, in denen die Abstandregeln nicht mehr einzuhalten sind?
Letztendlich entscheiden die Bundesländer unter welchen Einschränkungen die Hotels und die Gastronomie arbeiten müssen. Klassische Selbstbedienungs-Buffets sind beispielsweise häufig nicht möglich. Das erfordert dann eine ganz andere Organisation durch die Hotels. Weil die Abstandsregeln wichtig sind, werden sie unseren Alltag wohl noch länger begleiten.
Strandbesuche an Nord- und Ostsee oder in Besuche in Freibädern oder an Badeseen. Wird es diesen Sommer „Badevergnügen Handtuch an Handtuch“ geben?
So wie wir das kannten, halte ich das nicht für möglich. Denn wenn eine erkrankte Person direkt alle vier Handtuch-Nachbarn infiziert, dann haben wir wieder eine Infektionswelle, auf der wir leider nicht surfen können. Stattdessen würden dadurch alle Erfolge zunichte gemacht.
Müssen Sonnenanbeter damit rechnen, sich mit Schutzmaske in die Sonne legen zu müssen?
Das glaube ich nicht, sofern die Abstandsregeln eingehalten werden können. Aber sicherlich wäre es uns lieber mit Maske am Strand zu liegen, als gar nicht in den Urlaub zu fahren, oder? Wichtig bleibt, die Abstandsregeln auch am Strand einzuhalten.
Viele tausend Urlaubsreisen wurden bereits storniert. Rückzahlungen bringen die Veranstalter an ihre Grenzen. Was ist der aktuelle Stand. Wie kommen die Verbraucher zu ihrem Recht? Wie wird der Reisebranche geholfen?
In der Reisebranche geht es gerade um Anzahlungen und Rückzahlungsverpflichtungen in Milliardenhöhe. Wenn diese Summen alle sofort ausgezahlt würden, dann könnten die meisten Reiseanbieter das Licht ausmachen. Durch die Stornierungen kommen auch die Reisebüros in große Schwierigkeiten, weil die Provisionen zurückverlangt werden. Ich stelle mir einen Fonds vor, der die Rückzahlungsverpflichtungen abnimmt, sodass davon sowohl Reisebranche und Verbraucher profitieren. Zudem wird es weitere Hilfen geben müssen, wenn die Zeitspanne, in der kein Geld verdient werden kann, länger wird.
Werden Abstandsregeln, Hygieneverordnungen und Maskenpflicht, nach Ihrer Meinung, den Sommer überdauern?
Die konkreten Regelungen werden sich vermutlich immer wieder ändern, weil wir immer noch mitten in der Pandemie sind. Beim Überschreiten der Infektionsobergrenze könnte es auch in bestimmten Landkreisen wieder zur Quarantäne und zum Shutdown kommen.
Ausgabe 14.05.2020
Spielplätze sind wieder offen
Spielen nur nach strenger Vorschrift
Region – Seit der vergangenen Woche dürfen Kinder wieder auf den vielen Spielplätzen der Region wieder spielen und toben. Aber nur, wenn sie die strengen Vorschriften einhalten, die von den Ordnungsämtern und der Polizei sicher überprüft werden. Die Stadt Ehingen hat auf ihren 30 Spielplätzen in der Stadt und 32 Spielplätzen in den Teilorten große Schilder aufgestellt, auf denen die „Corona-Spielregeln“ dargestellt sind.
So darf nur eine bestimmte Anzahl von Kindern, die alle in Begleitung eines Erwachsenen sein müssen, gleichzeitig auf den Plätzen spielen. Die Kinderzahl hängt von der Größe des Spielplatzes ab, weil pro zehn Quadratmeter Spielplatzfläche ein Kind auf den Platz sein darf. Zudem ist Körperkontakt zu vermeiden, die 1,5 Meter-Abstandsregel ist auch von Kindern auf den Spielplätzen einzuhalten und es darf dort nicht gemeinsam gegessen oder getrunken werden.
„Europa wird die Krise überstehen“
Norbert Lins: „Europa war nicht optimal vorbereitet“
Die Grenzen geschlossen, jedes Land nur mit sich selbst beschäftigt und der europäische Gedanke ist ganz weit weg. Der Südfinder hat den Europaabgeordneten Norbert Lins (CDU) gefragt, ob Europa durch die Corona-Krise gespalten wurde und ob die EU die Pandemie überleben wird.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – Das Europäische Parlament sei nicht optimal auf die Krise vorbereitet gewesen, antwortet Norbert Lins auf die Frage, ob Europa angesichts geschlossener Grenzen und
zunehmender Kirchturmpolitik der Mitgliedsstaaten zerfalle. „Die Reaktion der EU hätte anders ausfallen müssen“, sagt Lins und zitiert Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die von einem „schädlichen Verhalten, das hätte vermieden werden können“ sprach. „Das komplette Handeln gehört nach der Pandemie auf den Prüfstand. Aber Europa wurde keinesfalls gespalten“, so der Abgeordnete. Vielmehr betont Lins, dass der Zusammenhalt der EU durch Corona gestärkt wurde. „In der aktuellen Notsituation kann es nur eine gemeinsame europäische Antwort geben“. Und das sie allen, nach den Anlaufschwierigkeiten, auch klar.
Er sei stolz, dass die EU in den vergangenen Wochen immer handlungsfähig war. Noch vor kurzer Zeit sei die heutige Situation im EU-Parlament nicht vorstellbar gewesen. „Wir sind in kürzester Zeit in die digitale Welt umgezogen, arbeiten jetzt virtuell miteinander und das klappt erstaunlich gut. Wir haben in zwei Online-Plenartagungen große Maßnahmenpakete geschnürt“, sagt Norbert Lins. Besonders betont der Abgeordnete die große Hilfsbereitschaft innerhalb der 27 EU-Länder und nennt Teams von Ärzten und Pflegern, die europäische Krankenhäuser unterstützen, Patienten, die aus dem Ausland in deutsche Krankenhäuser geflogen wurden, die Verteilung von Hilfsgütern und die Rückholung gestrandeter EU-Bürger in ihre Heimatländer als Beispiele. „Das zeigt wie stark die EU ist. Europa ist stark und wird die Krise überstehen“, sagt Lins. Den Vorwurf, dass Europa als Krisenmanager versagt hat, lässt der Abgeordnete nicht gelten. „Die Europäische Union hat im Gesundheitswesen keine Kompetenz, das ist Ländersache. Die EU kann da nicht in die Länder hineinregieren. Trotzdem müssen wir überlegen, wie sich die EU künftig besser auf einen Katastrophenfall oder auf eine Notsituation vorbereiten kann“
Auf die Frage, wie weit Europa durch die Pandemie zurückgeworfen werde, antwortet Lins: „Gar nicht. Wir werden gestärkt aus dieser Krise hervorgehen. Und zwar sowohl national als auch EU-weit. Alle 27 EU-Länder haben verstanden, dass wir ein viel besseres Ergebnis erzielen, wenn wir uns gegenseitig helfen und unterstützen. Dazu gehört es auch, Vorgänge wie zum Beispiel Grenzschließungen abzusprechen. Hier hatten wir Startschwierigkeiten und da müssen wir uns noch verbessern“. Trotz der Lockerungen in den einzelnen EU-Ländern, müsse die Ausbreitung des Virus weiterhin genau beobachtet werden. „Und im nächsten Schritt geht es dann darum, die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln“.
Ausgabe 06.05.2020
Keine Verbote ohne Gefahr
FDP-Bundestagsabgeordneter Alexander Kulitz: „Wir brauchen mehr Corona-Tests“
„Den jetzigen Zustand brauchen wir nicht mehr für den Gesundheitsschutz“, sagt FDP-Chef Christian Lindner und der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag Hans-Ulrich Rülke fordert „Die Freiheitsrechte zurück“. Der Südfinder hat sich mit Alexander Kulitz, dem Ulmer Bundestagsabgeordneten der FDP, unterhalten.
Von Karl-Heinz Burghart
Herr Kulitz, bislang hat die FDP nur Details des Krisenmanagements kritisiert. Haben die Regierungen als einen guten Job gemacht?
Nein, aber die FDP macht keine Fundamental-Opposition. In der akuten Krise galt es das Management nicht zu behindern und beim Überwinden der Krise zu unterstützen. Obwohl wir Fehler sahen, haben wir stillgehalten, weil draufhauen zu der Zeit falsch gewesen wäre. Aber damit muss jetzt Schluss sein.
Wieso jetzt?
Weil die akute Krise überwunden ist und die ersten Erfahrungen mit Corona vorhanden sind. Jetzt darf das Virusa nicht als Ausrede für politische Entscheidungen benutzt werden. Die grundlose Einschränkung von Bürgerrechten ist verfassungswidrig und staatliche Willkür darf es in unserem Land einfach nicht geben.
Also die Beschränkungen lockern?
Hier geht es nicht um Lockerungen. Das ist eine völlig verdrehte Sicht. Es ist nicht der Staat, der uns jetzt was zu erlauben hat. Ganz im Gegenteil: Der Staat hat unsere Grundrechte beschränkt und das darf er nur, wenn ein echter Grund vorliegt. Dass große Geschäfte zu bleiben müssen und Großveranstaltungen bis 31. August verboten sind, ist vollkommen willkürlich festgelegt. Der Staat müsste aber in jedem Fall begründen, warum er mit den einzelnen Maßnahmen unsere Grundrechte beschneidet.
Lockern um jeden Preis?
Nein. Aber dort wo keine Gefahr zu erkennen ist, muss gelockert werden. Weder Branche noch Größe dürfen eine Rolle spielen. Es darf einzig um die Abstände und die Hygiene gehen. Dort wo das eingehalten werden kann, ist zu lockern. Wo nicht, müssen die Beschränkungen bleiben. Und da geht es nicht um Gerechtigkeit, weder in der Wirtschaft, noch im Sport. Wenn im Golf die Abstände zu wahren sind, gibt es keinen Grund diesen Sport zu verbieten. Wenn’s beim Fußball nicht geht, muss Fußball eben ausfallen.
Die FDP steht für persönliche Freiheitsrechte. Wiegen die stärker als die körperliche Unversehrtheit?
Das kommt auf die Situation und die juristische Abwägung an. Am Anfang der Krise, als alles noch völlig unklar war, konnte die Gesundheit über allem stehen. Jetzt, zwei Monate später, muss zwar jede Maßnahme immer noch dem Gesundheitsschutz dienen, sie muss aber täglich genau daran gemessen werden. Macht die Maßnahme für diese Region, diese Branche oder diesen Sport keinen gesundheitlichen Sinn mehr, muss sie umgehend abgeschafft werden.
Wie soll diese Überprüfung ablaufen?
Das geht natürlich nur, wenn wir viel mehr als im Moment testen. Testkapazitäten sind vorhanden und wenn die nicht reichen, müssen eben weitere geschaffen werden. Das kann doch nicht so schwer sein. Außerdem braucht’s endlich repräsentative Tests, die mit Stichproben ermitteln, wie viel Menschen im Land und in der Region wirklich an Corona erkrankt sind. Wo Gefahren sind, muss mehr getestet werden. Wo wenig oder keine Gefahren sind, brauchst weniger Tests und die Beschränkungen können gelockert werden. Ohne Test weiß ich nicht, wo die Gefahren sind. Ohne Gefahr sind die Beschränkungen aber verfassungswidrig. Es darf einfach nichts mehr verboten werden, von dem keine Gefahr ausgeht.
Erst dominierte die Klimakrise, dann Corona. Werden die Themen der FDP überhaupt noch gehört?
Die Stunde der FDP fängt jetzt erst an, weil jetzt und in naher Zukunft genau die Inhalte der klassischen FDP-Themen in Gefahr sind. Über beschränkte und oft willkürlich beschnittene Freiheits- und Grundrechte haben wir uns unterhalten. Demnächst wird zur Urlaubszeit sicher ein weiteres unserer Freiheitsrechte erheblich eingeschränkt werden. Und durch Corona marschieren wir auf die größte Rezession zu, die unsere Bundesrepublik seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat. Dann braucht’s gute Wirtschaftspolitik und die war immer schon ein klassisches FDP-Thema.
Die Maske gibt Sicherheit
In den Städten sind wieder mehr Menschen unterwegs
Beschränkungen werden zwar gelockert, aber Masken müssen getragen und Abstände eingehalten werden. Der Südfinder hat in den Rathäusern von Ehingen und Munderkingen nachgefragt, ob sich die Leute daran halten.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Es ist wie im normalen Leben:
Die meisten Leute halten sich dran, ein paar wenige halt nicht“, sagt Munderkingens Bürgermeister Michael Lohner. „Vernunft und Disziplin“ seien beim „Großteil der Bevölkerung löblich“, sagt auch Anna Draksimovic, Referentin von Oberbürgermeister Alexander Baumann im Ehinger Rathaus und betont: „Gravierende Verstöße konnten wir nicht feststellen“. In Munderkingen hätten sich die Menschen zwischenzeitlich an die Vorgaben gewöhnt, sagt der Bürgermeister. „Wenn Polizei oder Ordnungsamt kontrollieren, müssen sie ab und zu verwarnen und selten auch mal Bußgelder verhängen“. Bei der Maskenpflicht habe es in Ehingen zunächst „noch gewisse Nachlässigkeiten“ gegeben, die aber geklärt werden konnten. „In der Stadt sind wieder deutlich mehr Menschen unterwegs. Wer aber gegen die Maskenpflicht verstößt, muss mit einen Bußgeld von 15 Euro rechnen“, sagt Anna Draksimovic. Dass die Maske mehr Sicherheit gibt, vermutet Michael Lohner. „Seit die Pflicht ist, sind mehr Leute in der Stadt unterwegs“, sagt er. „Die Menschen sind aber verhaltener. Sowohl im Umgang miteinander, als auch bei ihren Einkäufen“.
Die aktuellen Zahlen, Stand Dienstag, 17 Uhr, weisen 809 Corona-Fälle in der Region aus. Davon 552 im Alb-Donau-Kreis und 257 in Ulm. 660 der Patienten sind zwischenzeitlich genesen, 19 Patienten, 13 im Kreis und sechs in Ulm, sind durch den Coronavirus verstorben.
Halten sich die Leute an die Corona-Vorschriften (Abstand, Masken)?
Ja, die Disziplin und Vernunft des Großteils der Bevölkerung sind löblich.
Gab es bislang (gravierende) Verstöße?
Gravierende Verstöße konnten nicht festgestellt werden. Es gibt bei manchen Geschäften oder Kunden noch gewisse Nachlässigkeiten oder Unsicherheiten, die sich aber binnen weniger Tage sicher klären lassen.
Wie wird in Ehingen mit „Maskenverweigerern“ oder „Engstehenden“ umgegangen?
Die Polizei kontrolliert im Rahmen ihrer Streifen auch die Vorgaben der sogenannten Corona-Verordnung. Das Ordnungsamt führt ebenfalls stichprobenweise Kontrollen durch. Bußgelder können ab dem 4. Mai auferlegt werden. In Baden-Württemberg wird ein Verstoß gegen die Maskenpflicht mit 15 Euro geahndet.
Sind seit der Maskenpflicht mehr Leute unterwegs? Trauen sich die Leute mit Masken eher aus dem Haus?
Man hat durchaus den Eindruck, dass seit Öffnung der Geschäfte wieder mehr Menschen in der Stadt sind.
Ausgabe 29.04.2020
„ Probleme kommen erst“
Sportkreis-Präsident Georg Steinle: „Sportler sind in der Regel solidarisch“
Die Sportvereine der Region sind heruntergefahren. Seit Wochen finden weder Mannschaftstraining noch Wettkämpfe statt. Und weil Veranstaltungen abgesagt wurden, fallen auch Einnahmen weg. Der Südfinder hat sich mit Georg Steinle, dem Präsidenten des Sportkreises Alb-Donau/Ulm, über die Situation der Sportvereine unterhalten.
Von Karl- Heinz Burghart
Herr Steinle, wie geht es den Sportvereinen in der Region? Momentan ist da noch Stille, kein Verein hat sich bislang mit Problemen an mich gewandt. Ich denke aber, dass vor allem finanzielle Probleme erst zeitversetzt später auftauchen werden. Der Sportbund macht momentan bei den Vereinen eine Umfrage, in der die Sorgen abgefragt werden. Die Auswertung wird wohl bis Mitte Mai vorliegen, auch für unseren Sportkreis. Und wie fühlen sich die Sportler? Die meisten bedauern zwar, dass sie nicht gemeinsam trainieren können, halten sich aber selber fit und manche Trainer haben „Fernprogramme“ für die Fitness entwickelt. Trotzdem denke ich, dass die Fitness insgesamt nachlassen wird und das Zusammenspiel von Mannschaften unter Corona leidet. Sind Vereine der Region denn schon in finanzieller Schieflage? Wie gesagt, das wird zeitversetzt kommen. Bislang ist im Sportkreis noch nichts bekannt. Wir haben drei Großvereine in der Region, die hauptberufliche Mitarbeiter beschäftigen und teils hohe Mieten zahlen. Die werden sicher viel schneller in Schieflage geraten, wie die kleineren Vereine, die meist von Ehrenamtlichen getragen werden. Ist auf das Ehrenamt Verlass? Ja. Sportler sind solidarisch. Die Mitglieder werden ihren Sportvereinen bestimmt treu bleiben. Die Sportvereine halten zusammen und gehen gemeinsam durch die Krise. Das gilt sicher auch für viele im Ehrenamt. Trotzdem befürchte ich ein bisschen, dass einige der Ehrenamtlichen während der Corona-Auszeit gemerkt haben, dass sich auch ohne Aufgabe im Verein leben lässt. Dass die abspringen, muss unbedingt verhindert werden. Bekommen die Vereine finanzielle Hilfen von Verbänden? Der WLSB bietet auch außerhalb von Corona eine Notfallhilfe an, deren Höhe abhängig vom entstandenen Schaden ist. Außerdem wollen wir unter den Rettungsschirm von Bund und Land, um Vereine mit ihren sportlichen Aktivitäten zu schützen. Da werden wir die zuständige Ministerin Susanne Eisenmann, die betont hat, dass Vereine nicht im Stich gelassen werden, beim Wort nehmen. Sollen Einzelsportarten, wie Tennis, Golf oder Reiten, wieder zugelassen werden? Das wäre theoretisch denkbar. Aber hier geht es um Grundsätze. Es ist den Mannschaftssportlern einfach schwer zu vermitteln, dass die anderen Sport treiben dürfen. Auf alle Fälle muss vermeiden werden die Sportarten gegeneinander auszuspielen und Zwietracht zu säen. Was meinen Sie: Wann darf wieder trainiert werden? Ich gehe davon aus, dass Ende Mai die nächsten Lockerungen kommen und dann der Sport dran ist. Zunächst wird wohl der Einzelsport erlaubt. Mannschaftssport wie Fußball muss sicher noch länger warten. Das ist ja bereits Vieles beschlossene Sache, so sind die beispielsweise in Bayern die Amateurligen im Fußball bereits abgesagt. Was halten Sie von Geisterspielen? Gar nichts, nicht in der Bundesliga und erst recht nicht bei den Amateuren. Zum Fußball gehören Zuschauer und Anfeuerungen. Aber auch in anderen Sportarten sind Wettkämpfe ohne Publikum nicht vorstellbar, etwa bei Reitturnieren. Den Verantwortlichen der Bundesliga rate ich, die Corona-Krise zu nutzen, um mal in sich zu gehen und über den Sinn von Riesengehältern und riesigen Ablösesummen nachzudenken. Und was ist mit der Olympiade? Ich hoffe dass die Olympischen Spiele 2021 stattfinden können. Mir tun die Sportler leid, die jetzt nicht nach Tokio reisen dürfen. Ich denke da an Alina Reh, eine unserer Vorzeige-Athletinnen in der Region. Die sich, wie viele andere, auf den Punkt vorbereitet hat und nun daheim bleiben muss. Ich hoffe die Olympioniken schaffen es, auch 2021 wieder so fit und leistungsfähig zu sein. Wird der Sportbetrieb auf den verschiedenen Ebenen nach Corona weitergehen wie bisher? Ich denke, da wird sich in der Sichtweise der Sportler was ändern. Sport in den Vereinen steht auch für Geselligkeit und Gemeinsamkeit. Das hat sich in der Vergangenheit ein bisschen hin zum Einzelsportler in einem Studio verändert. Durch die Corona-Isolation ist aber sicher der Wert der Gemeinschaft beiden Leuten wieder ins Bewusstsein gerückt. Das könnte sich positiv auf unsere Sportvereine auswirken.
Ausgabe 15.04.2020
„Das Virus ist keine Strafe“
Pfarrer Loi: „Auch die Bibel kennt Zahlensymbole“
Die Zahl „537354“ schütze vor dem Coronavirus und könne Infizierte heilen. Das behaupten Esoterik-Gurus und fordern diese Zahl möglichst oft sichtbar zu machen. „Zahlen haben sicher keine Selbstheilungskräfte. Das gehört in den Bereich des Aberglaubens“, sagt Pfarrer Gianfranco Loi aus Obermarchtal.
Region – Als Theologe könne er durchaus etwas mit Zahlensymbolik anfangen, sagt Pfarrer Loi und nennt die Zahlen 1, 7 und 12 als Beispiele. „Die 1 steht in der Heiligen Schrift für Vollkommenheit, denn Gott ist nur Einer“, sagt der Pfarrer. „Die Zahl 7steht für die Fülle, daher auch die 7 Sakramente oder die 7 Tage, an denen die Welt erschaffen wurde“. Die 12 stehe aus theologischer Sicht für die Vollständigkeit, so Loi. „12 Monate hat das Jahr, das Volk Gottes im Alten Testament besteht aus 12 Stämmen und die 12 Jünger Jesu sind die Repräsentanten aus dem Gottesvolk“. Zahlensymbolik sei also nichts Neues, sagt der Geistliche, sie werde heute aber besonders von esoterischen Kreisen genutzt. „Zahlen haben keine Selbstheilungskräfte“, sagt Pfarrer Loi und betont, dass solche Behauptungen theologisch nicht haltbar seien. „Ich würde das sogar als Aberglaube bezeichnen“, sagt er. „In Krisenzeiten kommen immer wieder Verschwörungstheorien auf“, so der Pfarrer. Dass eine Epidemie die Strafe Gottes als Folge des Verzehrs tierischer Produkte sei, weil der Mensch seit seiner Erschaffung durch Gott im Paradies eigentlich Vegetarier ist. „Das kann so überhaupt nicht stehen bleiben“, sagt der Pfarrer. „Gott gab dem Menschen die Willensfreiheit und damit auch die Möglichkeit sich gegen ihn zu entscheiden. In den Virus eine Strafe Gottes zu, halte ich für bloße Angstmache und nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar“.
Betriebe wollen Lockerungen
„Ende in Sicht“ oder „auf dem Zahnfleisch“ – das sind Sätze die derzeit aus kleineren Betrieben zu hören sind. Der Südfinder hat in der Region nachgefragt.
Region – „Die Betriebe brauchen unbedingt wieder Umsätze“, sagt Michael Strobl, Vorsitzender des Gewerbevereins ins Schelkingen. „Wir müssen schnell wieder zur Normalität finden, sonst bleiben manche auf der Strecke“. Auch Karl-Heinz Dicknöther, Vorsitzender des Gewerbevereins „GHF Ehingen“ sagt, dass „Lockerungen, sobald es möglich ist, zügig kommen müssen“. „Ohne baldige Einnahmen, sind viele der kleinen Betriebe sonst nach der Krise verschwunden“. „Die Unsicherheit, wann wieder gearbeitet werden kann, macht viele total mürbe“, sagt der Munderkinger Unternehmer Otto-Martin Edel. Er betont: „Wenn das Mai- oder gar Sommergeschäft ausfällt, wird die Pleitewelle groß sein“. Die Soforthilfen des Staates könnten nur sehr kurzfristig für die Zahlungsfähigkeit sorgen, sagt Dicknöther, Strobl spricht von „einem kleinen Tropfen auf den heißen Stein“ und Edel fordert, dass die Betriebe „wenn es wieder los geht, eine Anlaufhilfe, etwa durch Steuererleichterungen“ bekommen. An die Zeiten nach der Krise denkt auch Michael Strobl: „Die Leute sollten dann verstärkt beim Einzelhandel einkaufen, um die Geschäfte erhalten zu können“. Auch Karl-Heinz Dicknöther hofft auf die spätere Unterstützung der Kunden. „Unsere Regierungen leisten im Moment echt tolle Arbeit. Die Hilfen kamen schnell und sind für den Anfang sehr gut“, sagt Michael Strobl. „Die Stricke der Bürokratie bei den Anträgen sind aber sehr vielfältig“, ergänzt Otto-Martin Edel, „und das beginnt schon beim Beamtendeutsch in den Erklärungen“.
Stellen Sie Manuel Hagel Ihre Fragen zu Corona
Der CDU-Landtagsabgeordnete am Südfinder-Telefon
Wer eine wichtige Frage zum Thema Corona hat, sollte sich diesen Termin rot im Kalender anstreichen: Freitag, 17. April 2020, 16 Uhr bis 17 Uhr. Dann wird der Landtagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär in die Südfinder-Redaktion kommen, um Ihre Fragen telefonisch zu beantworten. Sie erreichen Manuel Hagel in der genannten Zeit direkt und persönlich unter der Rufnummer 07391/5004 24.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – Es sind Fragen wie diese, die uns umtreiben: Müssen wir bald Schutzmasken tragen? Wie lange gelten die Kontaktbeschränkungen? Wann öffnen die Geschäfte wieder? Wem hilft das Land? Welche Steuern werden jetzt gestundet? Wie läuft das mit der Kurzarbeit? Wie beantrage ich Soforthilfe?
Manuel Hagel wird diese und ähnliche Fragen bestmöglich beantworten. Bevor Sie zum Telefon greifen, sollten Sie allerdings prüfen, ob Ihre Frage nicht bereits auf einer offiziellen Website, etwa der des Landratsamts, beantwortet wurde. Unter www.alb-donau-kreis.de sind Antworten auf viele der häufig gestellten Fragen zum Thema Corona, sowie weiterführende Links zu finden.
Ablaufen wird die Telefonaktion mit dem Abgeordneten Manuel Hagel wie folgt: Sie rufen zwischen 16 Uhr und 17 Uhr bei uns in der Redaktion an. Das Telefon von Manuel Hagel ist auf laut gestellt, wir schreiben die wichtigsten Fragen mit. Die Antworten veröffentlichen wir dann am Mittwoch, 22. April 2020 im Südfinder. Selbstverständlich ohne ihren Namen zu nennen. Wir freuen uns auf Ihren Anruf.
08.04.2020
Atemmasken waren als Füllmaterial im Paket
Betrieb aus der Region erhält ein „Geschenk aus China“
Da haben Geschäftsführer Markus Schmitz und seine Mitarbeiter nicht schlecht gestaunt, als sie in einer Lieferung aus China verpackte Atemschutzmasken statt Polsterfolie gefunden haben. Der Südfinder hat nachgefragt.
Region – Die Firma EMB stellt in Mittelbiberach Elektromotoren und Generatoren her und bezieht dazu verschiedene Teile aus China. „Durch die Coronakrise war der Materialfluss lange zum Erliegen gekommen“, sagt Geschäftsführer Markus Schmitz und betont, dass er vergangene Woche froh gewesen sei, dass „es jetzt wieder los ging und endlich die ersehnten Waren wieder eintreffen“. Im ersten Paket aus China wurden Hochleistungsmagnete geliefert.
Da staunte Mitarbeiterin Simone Frankenhauser aus Unterstadion aber nicht schlecht, als sie das Paket öffnete. „Anstatt wie sonst üblich, war das Päckchen nicht mit Karton oder Polsterfolie ausgefüttert, sondern mit Original-Packungen und jeder Menge Atemschutzmasken“, sagt sie. „Leider nicht dieSchutzmasken für medizinisches Personal, sonst hätten wir sie sofort gespendet“, ergänzt ihr Chef.
Obwohl Markus Schmitz sehr froh über die endlich erfolgte Lieferung aus China ist, macht sie ihm auch ein bisschen Angst,. Er sagt: „Unser Lieferant aus China scheint ganz genau zu wissen, was wir im Moment brauchen und was da noch auf uns zurollt“.
Klopapier-Muffins und Osterhasen
Munderkingen – Eine ungewöhnliche Aktion haben Elisabeth Meixel und Christopher Baer im Munderkinger Café Knebel gestartet. Weil das Café im Moment geschlossen sein muss, die handgemachten Schoko-Osterhasen, manche sogar mit Corono-Mundschutz, aber auf die Käufer warten, werden kostenlose „Klopapier-Muffins“ verteilt. „Ein Gag der auf den Ernst der Lage hinweisen soll“, sagt Konditormeister Baer. Das bunte Gebäck weist auf das Café Knebel und seine momentanen Öffnungszeiten hin und bittet um Unterstützung für die Geschäfte in der Munderkinger Innenstadt. 300 Muffins hat Baer gebacken und auf jedem „thront“ eine Mini-Klorolle aus Marshmellows und Fondant. „Unsere Hasen sind aus bester weißer, Vollmilch- oder Zartbitter-Kuvertüre hergestellt und können auch telefonisch bestellt werden“, sagt der Konditormeister.
Die Corona-Krise als Chance nutzen
„Corona zeigt, wo wir mental stehen“
Liebe Südfinder-Leserin,
lieber Südfinder-Leser,
In der Krise gibt es viele Fragen und zu wenig Antworten. Wir alle sind verunsichert und Angst kann sich bis zur Panik steigern. Weil uns niemand sagen kann, wie es weitergeht, müssen wir uns selbst helfen. Neben der Befolgung der offiziellen Anordnungen ist jetzt wichtig, sich trotz aller Widrigkeiten positiv auszurichten. Nur so können wir der Hilflosigkeit etwas Sinnvolles entgegensetzen.
Corona ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch eine extreme Herausforderung. Aber genau in solchen Krisenzeiten zeigt sich, wie wir uns bisher psychisch aufgestellt haben. Sind wir stark genug, in solchen Zeiten stabil zu bleiben? Können wir uns innerlich auszubalancieren? Oder sind wir nur gewohnt, uns unablässig abzulenken und nicht darüber nachzudenken, was wir in uns vernachlässigen?
Diese Krise macht uns bewusst, wie schnell alles vorbei sein kann. Sie kann uns aber auch zeigen, was uns wirklich wichtig im Leben ist. Die Seele löscht Erfahrungen nicht aus. So entstehen im Laufe der Jahre immer mehr Glaubenssätze, die uns blockieren.
Corona zeigt uns, wo wir gefühlsmäßig und mental stehen. Gibt uns aber auch die Chance, zu prüfen, was nützlich ist und was wir in Zukunft ändern möchten. Die Krise kann auch helfen, eine bessere Gemeinschaft und eine rücksichtsvollere Gesellschaft zu werden.
Tipp:
Richten Sie Ihr Bewusstsein auf das, was Ihnen Freude und Zuversicht schenkt. Das können kleine Dinge sein. Die Natur zeigt uns gerade jetzt, wie stark das Leben ist.
Tipp:
Üben Sie: „Ich bin Liebe, Frieden, Mitgefühl. Alles Gute liegt in mir. Ich tue nur das Beste für mich. Gesundheit und Freude wirken in mir.“
Tipp:
Beobachten Sie, wie häufig Sie Negatives denken oder sagen und ersetzen Sie es mit etwas Positiven. Womit Sie Ihre Seele füttern, wird zu Ihrer Realität.
Bleiben Sie gesund und glauben Sie, dass alles gut werden kann.
Ihre Ulrike Burkhardtsmayer
01.04.2020
„Die leeren Flure in Berlin sind echt gespenstisch“
So erleben unsere Bundestagsabgeordneten die Krise
Auch unsere Bundestagsabgeordneten sollen momentan Kontakte meiden. Trotzdem wurde vergangene Woche in Berlin über die Milliarden-Hilfe abgestimmt. Der Südfinder hat bei unseren drei Abgeordneten nachgefragt, wie sie diese Woche erlebt haben.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Meine Büros sind geschlossen, meine Mitarbeiter im Homeoffice und ich nutze meist mein Büro zuhause“, sagt Hilde Mattheis. Die SPD-Abgeordnete erzählt von vielen Telefonkonferenzen und sagt, dass sie sich auch in Haus und Garten betätige.
Auch die CDU-Abgeordnete Ronja Kemmer hält sich an die Kontaktregeln und hat alle Termine abgesagt. Sie beginne den Tag mit einer „digitalen Bürobesprechung“, sagt Kemmer. „Dann führe ich jeden Tag Bürgersprechstunden am Telefon durch (10 bis 14 Uhr unter 07305/1209998). Anschließend gibt es Telefonkonferenzen und einen regen Email- und Whatsapp-Verkehr“.
Auch der FDP-Abgeordnete Alexander Kulitz erzählt, dass seine Mitarbeiter zuhause sind. „Innerhalb kürzester Zeit ist das Smartphone zum wichtigsten Arbeitsmittel geworden“, sagt er. „Weil alle sonst so wichtigen parlamentarischen Info-Veranstaltungen abgesagt sind“. Er gehe trotzdem jeden Tag in sein Büro. „Das gibt mir mehr Muse als zuhause“, sagt Kulitz.
„In der vergangenen Woche hat der Bundestag die Präsenz auf ein Mindestmaß reduziert“, so Ronja Kemmer. „Wir müssen zum Entgegnen der Coronakrise wichtige Entscheidungen treffen, aber eben mit so wenig Präsenz wie möglich“.
Sie sei mit der Bahn nach Berlin gefahren, sagt Hilde Mattheis. „Die Züge waren sehr leer. Die Situation während des Plenartags war außergewöhnlich und die Intensität auch“. Bis zu den Abstimmungen sei an jedem Satz gefeilt worden und als Berichterstatterin für das Infektionsschutzgesetz sei sie besonders gefordert gewesen. „Mir war wichtig, dass der Bundestag die Entscheidung trifft, wann es eine Situation mit nationaler Tragweite gibt und dass das Gesetz befristet gilt“, sagt Hilde Mattheis
Auch Alexander Kulitz war mit der Bahn nach Berlin unterwegs. Auch er berichtet von leeren Zügen und sagt, dass die „absolute Leere und Stille“ im Reichstag „fast surreale Gefühle“ ausgelöst habe. „Da war nichts mehr übrig von dem sonst so quirligen Parlamentsbetrieb“, so Kulitz. Es sei „echt gespenstisch“ in den leeren Fluren des Bundestags und „man fühlt sich eher wie in einem postapokalyptischen Hollywoodfilm als im Hohen Haus der demokratischen Entscheidungsprozesse“, sagt Alexander Kulitz.
Ehingen ist „C19-Klinik“
Krankenhäuser im Kreis umstrukturiert – Erster Todesfall
Um der Corona-Pandemie Herr zu werden, werden die Alb-Donau-Kliniken umstrukturieren. Ehingen wird zum „C19-Krankenhaus“, in Blaubeuren werden alle anderen Intensivpatienten behandelt und in Langenau werden dringende Operationen durchgeführt, um die anderen Kliniken zu entlasten.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Die Erfahrungen von China und Italien bei der Bewältigung der Corona Pandemie zeigen, dass dort die Intensivversorgung und Beatmungskapazitäten das Nadelöhr waren“, teilt die ADK GmbH mit. Zudem sei empfohlen Patienten mit und ohne Covid-19 strikt zu trennen. Und dazu wird jetzt die Standortverteilung der Kliniken im Alb-Donau-Kreis genutzt.
Auf Grund der vorhandenen Infrastruktur wird Ehingen das „C19-Krankenhaus“, in dem alle stationären Corona-Patienten gebündelt versorgt werden. Im Ehinger Krankenhaus gibt es sechs Intensiv-, acht Beatmungs- und zwei sogenannte „Intermediate Care“-Plätze. Durch die zahlreichen Operationssäle sind in Ehingen schnell weitere Beatmungen möglich außerdem gibt’s hier zwei Dialysegeräte, die bei der Versorgung von Covid-19 Patienten wichtig sind. Zudem können die „Corona Stationen“ leicht vom Resthaus abgetrennt werden.
In Blaubeuren werden dann alle anderen Intensivpatienten behandelt. Und in Langenau, wo es aktuell weder eine Intensivstation noch Beatmungsplätze gibt, werden dringende Operationen durchgeführt.
Damit diese Trennung funktioniert, findet in den Krankenhäusern eine sogenannte „Vor-Triage“ vor dem Kernbereich der Kliniken statt, die Risikopatienten identifiziert und so möglichst verhindert, dass Covid-19 Patienten in Blaubeuren oder Langenau landen.
Aus diesem Grund lag der Schwerpunkt in den letzten Tagen im Alb-Donau Klinikum vor allem in einem möglichst schnellen Ausbau dieser Behandlungsmöglichkeiten und dem Einrichten einer Isolierstation. Eine der Empfehlungen geht in eine strikte Trennung von Patienten mit und ohne Covid-19. Dies gilt auch für das Personal.
Daher hat der Koordinierungsstab der ADK GmbH am vergangenen Mittwoch beschlossen, die Standortverteilung seines Alb-Donau Klinikums strategisch zu nutzen. Die Intensivstationen der Standorte Blaubeuren und Ehingen teilen sich die Aufgaben, so dass Kompetenzen gebündelt und Patienten wie Personal geschützt werden können.
Auf Grund der vorhandenen Infrastruktur wird der Standort Ehingen das „C19-Krankenhaus“. Hier sollen alle Covid-19 Patienten, die eine stationäre Versorgung benötigen, gebündelt versorgt werden. In Ehingen hatte die Intensivstation bis zu Beginn der Corona-Krise acht Plätze und 6 Beatmungsplätze. Bereits in den letzten zwei Wochen wurden zwei zusätzliche Intermediate Care Plätze (eine Zwischenform zwischen Intensivstation und Normalstation) realisiert. Durch die größere Zahl an Operationssälen können in Ehingen in einem bereits feststehenden Stufenplan sehr schnell weitere Beatmungskapazitäten realisiert werden. Zudem verfügt die Ehinger Intensivstation über zwei Dialysegeräte, mit denen Intensivpatienten mit Multiorganversagen behandelt werden können – auch dies ist bei der Versorgung von Covid-19 Patienten ein wichtiger Faktor.
In den letzten Tagen wurde eine Station für Covid-19 Patienten, die weniger stark betroffen sind, vorbereitet. Sie liegt so, dass sie räumlich ideal vom Resthaus abgetrennt werden kann. Bei Bedarf sind bereits zwei weitere Bereiche ausgewiesen, in denen weitere Isolierstationen entstehen können.
In Blaubeuren werden dann alle anderen Intensivpatienten behandelt. Das Team der Intensivstation in Blaubeuren unterstützt die Ehinger Kollegen bei Bedarf mit Personal, Geräten und Material.
In Langenau (wo es aktuell weder eine Intensivstation noch Beatmungsplätze gibt) werden dringende Operationen durchgeführt und damit die anderen beiden Häuser entlastet. Generell unterstützen sich die Häuser gegenseitig und helfen mit Personal und Material aus.
Damit diese Trennung funktioniert, findet in allen drei Häusern eine so genannte Vor-Triage vor dem Kernbereich der Kliniken statt, die Risikopatienten identifiziert und so möglichst verhindert, dass Covid-19 Patienten in Blaubeuren oder Langenau landen.
25.03.2020
Das sind die aktuell gültigen Verbote und Vorschriften im Alb-Donau-Kreis
Zwei-Personen-Regel – Keine Feiern – Sozialkontakte einschränken – Weitere Geschäfte zu
Wegen der Coronakrise gelten seit Montag neue Verhaltensregeln. Was Sie als Bürger in Ehingen und im Alb-Donau-Kreis beachten müssen, lesen Sie hier.
Von Robin Halle
Gibt es eine Ausgangssperre?
Nein. Aber: Im Freien dürfen sich nicht mehr als zwei Menschen aufhalten. Ausnahme: Es sind Angehörige aus dem gleichen Haushalt. Zu Freunden und Bekannten muss ein Mindestabstand von 1,50 gehalten werden.
Was darf man draußen machen?
Erlaubt sind: Weg zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkauf, zu Prüfungen, zur Hilfe anderer Menschen oder grundsätzlich für wichtige Erledigungen. Erlaubt sind auch individueller Sport (z.B. joggen) und Gassi-Gänge mit dem Hund. Grundsätzlich sollten weitere Aufenthalte im öffentlichen Raum auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
Was darf man zuhause?
Kontakte zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstands sollten auf ein Minimun beschränkt werden. Ausdrücklich verboten sind private Feierlichkeiten mit Freunden und Bekannten.
Was passiert, wann man gegen eine der Auflagen verstößt?
Unklar. Die Polizei kann Verwarnungen und Bußgelder aussprechen. In NRW und Rheinland-Pfalz können diese Bußgelder bis zu 25000 Euro betragen. Für unsere Region wurde bislang keine Obergrenze festgelegt.
Welche Geschäfte sind im Alb-Donau-Kreis geschlossen?
Bars, Eisdielen, Diskotheken, Kneipen, Tourismushotels, Cafés, sowie Cafés in Bäckereien, Friseure, Tattoos- und Piercing-Studios, Blumenläden, Bekleidungsgeschäfte, Fotostudios, Schreib- und Spielwarenhandel, Copyshops, Buchläden, Fahrschulen, Kfz-Handel, Fahrradläden (erlaubt bleiben Fahrradwerkstätten), Wein- und Spirituosenhandlungen, Koch- und Grillschulen, Massage-, Kosmetik- und Nagelstudios sowie Sonnenstudios, Mobile Dienstleister, die nicht zur Gesundheitswirtschaft gehören (wie zum Beispiel Kosmetiker, kosmetische Fußpfleger oder Friseure), Beherbergungsbetriebe, Campingplätze und Wohnmobilstellplätze, Reisebusse für den touristischen Verkehr.
Welche Geschäfte dürfen noch öffnen?
Einzelhandel für Lebensmittel, Metzgereien, Bäckereien, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Betriebskantinen (wenn keine externen Gäste bewirtet werden), Außer-Haus-Verkauf von Gaststätten, Ausgabestellen der Tafeln, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Medizinische Fußpflege (stationär und mobil), Mobile Dienstleister der Gesundheitswirtschaft, Drogerien mit Verkauf von Lebensmitteln oder Getränken, Hörgeräteakustiker, Optiker sowie Praxen für die medizinische Fußpflege, Tankstellen, Textilreinigungen, Fahrrad- sowie Kfz-Werkstätten, Verkehrsdienstleistungen aller Art, einschließlich Taxiunternehmen, Fahrschulen für Lkw, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Autovermietungen, Car-Sharing, Kioske, Baumärkte, Gartenbaubedarfsgeschäfte, Gärtnereien, Geschäfte, die den Tierbedarf abdecken, Hofläden und Raiffeisenmärkte, Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger, Reisebüros, Großhandel, Bestatter, Kaminkehrer, Hundetrainer, wenn sie die Tiere einzeln coachen, Musiklehrer mit Einzelunterricht, Personal Trainer, Ernährungsberater, Servicestellen von Telekommunikationsunternehmen, Stördienste aller Art, insbesondere Schlüsseldienste, Campingplätze für Personen, die dort ihren Erstwohnsitz angemeldet haben, Vermietung von Ferienwohnungen an Monteure, Versicherungsbüros, Reparaturen von Landmaschinen, Handwerksmischbetriebe, die auch verkaufen, Schuhreparatur und Schlüsseldienst.
Die Innenstädte sind leer
Der Einzelhandel ist zum Erliegen gekommen
Durch die aktuellen Anordnungen zur Corona-Krise sind die Innenstädte der Region wie ausgestorben. Die meisten Geschäfte sind geschlossen und Straßencafés haben aufgestuhlt.
Region – Um die Bevölkerung zu schützen, wurde das öffentliche Leben nahezu komplett zurückgefahren. Bars und Kneipen, Museen, Ausstellungen, Ämter und Rathäuser waren schon ein paar Tage zu, als am Wochenende die neuen Anordnungen kamen. Weitere Branchen, beispielsweise Friseure, haben jetzt geschlossen und Lokale dürfen ihre Speisen nur noch „außer Haus“ anbieten.
„Eine solche Existenzen gefährdende Krise hat es in den vergangenen Jahrzehnten nicht gegeben“, sagt Norbert Zimmermann, Hotelier, Wirt, Chefkoch im Landgasthof und Hotel „Rose“ in Berg und Mitglied im Vorstand der DEHOGA, also des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands.
„Die Stimmung in der Stadt ist bedrückt und bedrückend“, sagt Karl-Heinz Dicknöther, Vorsitzender des „GHF – Gewerbe-Handel-Freie Berufe“ in Ehingen. Zwar dürften immer weniger Geschäfte öffnen, trotzdem müsse aber die Grundversorgung der Menschen sichergestellt werden, so Dicknöther. „Und die Folgen dieser Krise sind noch gar nicht abschätzbar“, sagt er.
„Die Gäste und Kunden fehlen, aber die Kosten bleiben“, betont Zimmermann. „Das Ostergeschäft, das viele Kollegen zum Überleben dringend bräuchten, wird wohl völlig ausfallen“. Der Gastro-Experte vermutet, dass sich die Gaststätten-Landschaft durch die Corona-Krise deutlich verändern wird. „Weil nach der Krise viele Lokale einfach nicht mehr da sein werden“, sagt er.
Bis zu 200 Abstriche pro Tag
Keine Wunsch-Abstriche – Nur auf ärztliche Anweisung
Seit mehreren Wochen werden in Drive-In-Testzentren Abstriche von „Corona-Verdächtigen“ genommen. Aber mit dem Auto vorfahren darf nur, wer eine Überweisung vom Hausarzt mitbringt. Südfinder Redakteur Karl-Heinz Burghardt hat mit Andreas Rost, Ehinger Arzt und Beauftragter für Katastrophenschutz im Alb-Donau-Kreis, gesprochen.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – „Wir müssen die infizierten Menschen identifizieren, um sie isolieren zu können“, sagt Dr. Rost und betont, dass die „Stationären Testpraxen“, so der offizielle Name der „Drive-in-Stationen“, dafür eine effiziente Möglichkeit bieten. Seit Freitag auf dem Volksfestplatz in Ehingen und seit Samstag auf dem Ulmer Messegelände, können 150 bis 200 Menschen pro Tag untersucht werden. Um den geordneten Ablauf zu gewährleisten, werden die Testpraxen von Sicherheitskräften gesichert.
„Wir machen konsequente Einlasskontrollen und wenn es sein muss, werden 40 Securityleute vor den Stationen stehen“, betont Andreas Rost. Eingelassen wird nur, wer eine schriftliche Überweisung eines Arztes mitbringt. „Wer die nicht hat, wird konsequent abgewiesen“, so Rost. Wer bei sich Symptome bemerkt, Kontakt mit Infizierten hatte oder in einem Risikogebiet war, soll zunächst telefonischen Kontakt zu seinem Hausarzt aufnehmen. Wenn der eine Überweisung ausstellt, muss die zusammen mit der Versicherungskarte mitgebracht werden.
„Die Zufahrt ist nur mit dem Auto möglich“, betont Dr. Rost. „Das ist sozusagen der Schutzkäfig des Betroffenen“.
Um die mehr als 30 Helfer in den Stationen zu schützen, müssen die Fenster geschlossen bleiben. „Die Papiere von innen gegen das Fenster halten“, steht auf Schildern am Eingang. Die Helfer an der eigentlichen Abstrichstelle, die direkt mit dem Patienten in Kontakt kommen, sind von Kopf bis Fuß geschützt. „Erst hier dürfen nach Aufforderung die Autofenster geöffnet werden“, betont Dr. Rost.
Unverzüglich werden die Abstriche zwar in Labore gebracht, mit Ergebnissen wird aber frühestens nach drei Tagen gerechnet. „Die kann der Untersuchte dann von seinem Hausarzt erfahren. Alle, die positiv getestet wurden, versuchen wir sofort direkt zu erreichen“, sagt Dr. Rost. „Wir haben es hier mit einer sehr ernsten Erkrankung zu tun. Das müssen endlich alle kapieren“, sagt er.
Nur mit Überweisung hinfahren – Versicherungskarte nicht vergessen – Nicht aussteigen – Alle Autofenster geschlossen halten – Papiere ins Fenster halten – Fenster nur nach Aufforderung öffnen – Unbedingt alle Anweisungen befolgen. Die Testpraxis in Ehingen ist täglich von 13 bis 16 Uhr geöffnet.
Eine Welle der Hilfsbereitschaft
In der gesamten Region gibt’s Hilfsangebote
Im Ernstfall stehen die Menschen zusammen. Im übertragenen Sinn. Das zeigt sich in diesen Krisentagen in vielen Dörfern und Städten der Region. Überall werden Gruppen organisiert, die älteren Menschen oder Leuten in Quarantäne ihre Hilfe anbieten. Hier einige Beispiele.
Von Karl-Heinz Burghart
Region – in Ehingen hat sich die Junge Union der bundesweiten Aktion „Einkaufshelden“ angeschlossen und bietet einen kostenfreien Einkaufsservice, den Betroffene in Anspruch nehmen können. „Die Menschen im Land müssen jetzt zusammenstehen.
Da wollen wir ganz unbürokratisch helfen“, sagt der JU-Vorsitzende Lukas Siegle und betont: „Wer Hilfe braucht, erreicht uns unter 0157/77901302“. In Rottenacker haben sich nach einem Aufruf von Bürgermeister Karl Hauler zahlreiche Bürger gemeldet und ihre Unterstützung zugesagt, die im Rathaus koordiniert wird.
In Munderkingen haben Mitglieder des Jugendhauses ihre Hilfe für ältere Menschen angeboten und in Oberstadion wurde in Zusammenarbeit von Gemeinde und DRK-Ortsverein eine Hilfsaktion gestartet. „Wer Hilfe braucht, ruft im Rathaus an und wir geben den Kontakt an die DRK-Helfer weiter“, sagt Bürgermeister Kevin Wiest, der sogar das Geld vorstreckt, um die DRK-Helfer nicht zusätzlich finanziell zu belasten. Der Kreisverband des DRK bietet an, alle Menschen, die isoliert wurden und sonst keine Hilfe bekommen, mit Paketen zu versorgen. Darin sind Nahrungsmittel sowie Hygieneartikel und die Pakete sind kostenlos. Anforderungen sind montags bis donnerstags von 9 bis 15 Uhr möglich unter 0731/1444-888.
Übereinstimmend sagen die neuen Hilfsorganisationen, dass die Nachfrage im Moment noch gering sei. Das zeige, dass die Leute in unserer ländlichen Region besser vernetzt seien, Hilfe von Nachbarn oder Freunden bekommen und eben nicht so anonym leben, wie in den Großstädten.
Dem eigenen Nachbarn die Hilfe anbieten
Region – Wer nicht vom Virus betroffen ist und seine Einkäufe erledigt, kann seinen Nachbarn doch problemlos ein paar Dinge mitbringen. Der Nachbar muss da aber wissen. Schneiden Sie deshalb diesen Zettel aus, kopieren Sie ihn und werfen ihn bei den Nachbarn in den Briefkasten. Wer Hilfe benötigt, wird sich dankbar bei Ihnen melden.
Jeder kann helfen
Auch wenn es wörtlich genommen gar nicht mehr erlaubt ist, rückt die Region in der momentanen Krise eng zusammen. Und das ist gut so. Allen Unkenrufen zum Trotz ist unsere „zunehmend anonyme Gesellschaft“, wenn es darauf ankommt, sehr hilfsbereit. Und jeder von uns kann helfen. So haben meine Frau und ich uns nicht nur in die Helferliste unseres DRK-Ortsvereins eingetragen, sondern ganz spontan bei unseren älteren Nachbarn angerufen, um unsere Hilfe anzubieten. Jeder von uns kann helfen. Und wenn wir plötzlich betroffen sein sollten, sind auch wir froh über jedes Hilfe. Oder?
18.03.2020
Zwölf bekannte Fälle – Krisenstab trifft sich regelmäßig im Landratsamt
„Gefährlich, aber kein Grund zur Panik“
Das Öpfinger Starkbierfest ist am Wochenende ausgefallen und der Osterlauf ist bereits abgesagt. Die Auswirkungen des Corona-Virus sind inzwischen auch im Raum Ehingen immer deutlicher zu spüren.
Region – Mindestens einmal am Tag trifft sich der Krisenstab des Landratsamts, der sich aus Experten verschiedener Fachdienste der Kreisverwaltung und Vertretern der Stadt Ulm, zusammensetzt unter der Leitung des stellvertretenden Landrats Markus Möller im Haus des Landkreises, um das Gesundheitsamt zu unterstützen und Maßnahmen für den Bevölkerungsschutz zu koordinieren. Mittlerweile gibt es in Ulm und im Alb-Donau-Kreis zwölf bestätigte Fälle von Personen, die am Coronavirus erkrankt sind und die sich momentan in häuslicher Isolierung befinden . In nahezu allen Fällen handele es sich um Urlaubsrückkehrer aus Südtirol, teilt das Landratsamt mit.
„Die häusliche Isolierung ist im Moment das wirksamste Mittel, um die Infektionsketten zu unterbrechen“, erklärt die Leiterin des Gesundheitsamts, Dr. Barbara Unger. „Wir sind uns bewusst, dass die Isolierung für den einzelnen Menschen ein gravierender Eingriff ist“.
Insgesamt wird die Lage im Alb-Donau-Kreis momentan als „vergleichsweise stabil“ eingeschätzt, trotzdem behalte die Gesundheitsbehörde die weitere Entwicklung des Corona-Geschehens ganz genau im Auge.
In einer Mitteilung des Landratsamts heißt es, dass im Alb-Donau-Kreis und im Stadtkreis Ulm rund 320000 Menschen leben und dass auch nach dem „Hauptstrom der Südtirol-Urlauber, die seit dem Monatswechsel Februar/März längst wieder zu Hause sind“, die aktuelle Zahl der bestätigten Coronafälle auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau sei.
Kreisbrandmeister Ralf Ziegler sitzt jeden Tag am Tisch des Krisenstabs und kennt die Situation in der Region genau. Der Alb-Donau-Kreis sei gut aufgestellt, sagt er. Dazu gehört auch, dass die Einsatzkräfte der Blaulicht-Organisationen geschützt werden, um im Ernstfall einsatzbereit zu sein und ausrücken zu können.
Hotline
Das Landratsamt hat eine Telefon-Hotline eingerichtet, um Fargen rund um Corona zu beantworten. Es ist aber kein Arzt zu erreichen. Die Hotline ist von Montag bis Freitag von 8.30 bis 16 Uhr unter 0731/185-1050 erreichbar. Im Rahmen der Hotline werden nur allgemeine Fragen und Hinweise zum Coronavirus beantwortet. Wir weisen darauf hin, dass Sie nicht mit einem Arzt sprechen und auch kein Arzt bei der Hotline anwesend ist.
Die Hotline ist Montag bis Freitag von 8:30 bis 16 Uhr unter der Telefonnummer 0731/185-1050 erreichbar.